Nelson Valdez grinste und rief nach dem Spiel im Kabinengang Co-Trainer Kalli Kamp zu: „Wenn ich 15 Minuten früher reinkomme, dann mache ich sogar zwei Tore.“ Der Werder-Coach nickte, schmunzelte zurück und gönnte dem jungen Angreifer das Glücksgefühl, wieder einmal für die Entscheidung gesorgt zu haben. In der 87. Minute hatte er mit einem Kopfball zum 3:2-Entstand eingeköpft. „Ich habe in diesem Moment überhaupt nichts gedacht. Die Flanke kam, ich habe das Ding reingemacht und war dann so glücklich, dass ich gar nicht wusste, wo ich hinlaufen sollte“, so Valdez, der eigentlich genug Zeit haben müsste, um sich auf den Torjubel vorzubereiten. Im Hochgefühl unmittelbar nach dem Abpfiff sagte er nämlich folgendes: „Wenn ich reinkomme, dann weiß ich doch eigentlich schon, was kommt. Ich wundere mich fast, dass ich immer so spät gebracht werde.“ Anschließend schob er noch ein paar Worte in eigener Sache hinterher: „Ich war nach den letzten Spielen schon etwas traurig, dass ich nur ein paar Minuten zum Einsatz kam. Aber ich gebe nicht auf. Im Training gebe ich Vollgas und wenn ich wie heute meine Chance bekomme, versuche ich sie so gut wie möglich zu nutzen.“
Die Enttäuschung über die Joker-Rolle hält sich bei Nelson Valdez aber noch in Grenzen. Zu gut kann er das Luxus-Problem von Cheftrainer Thomas Schaaf nachvollziehen. „Was soll ich denn machen, wenn so viele gute Stürmer da sind? Ich kann immer nur Gas geben.“ Das Argument, dass er als torgefährlichster Einwechselspieler der Bundesliga eigentlich unersetzlich ist, will der Paraguayer aber nicht mehr uneingeschränkt gelten lassen. „Ich will das mit dem Super-Joker nicht mehr hören. Ich habe in dieser Saison fünf Mal von Anfang an gespielt und dabei vier Tore geschossen, dass ist auch keine schlechte Quote“, so Valdez, der sich in Wolfsburg wieder näher an sein Ziel „Startelf“ herangekämpft haben dürfte.
Richtig ärgerlich ist für ihn deswegen auch die 5. gelbe Karte, die er sich nach einem vermeintlichen Foul im gegnerischen Strafraum eingehandelt hatte. „Es war kein böses Foul und schon gar keine Absicht. Ich habe dem Schiedsrichter schon gesagt, dass ich gestolpert bin. Um dabei nicht auf die Nase zu fallen, wollte ich mich beim Gegenspieler etwas abstützen und habe ihm dabei einen Schubser gegeben. Deswegen jetzt gesperrt zu sein, ist schon blöd. Aber ich bin 21 Jahre alt und kann in dieser Hinsicht sicher noch dazulernen.“
Doch Nelson Valdez wäre nicht für seinen unerschütterlichen Willen bekannt, wenn er in diesem kleinen Rückschlag nicht noch etwas Positives sehen würde. „Diese 5. gelbe Karte wäre irgendwann sowieso gekommen. Jetzt habe ich wenigstens den Kopf wieder frei, weil es wieder bei Null losgeht. Wenn du vier gelbe Karten hast, dann spukt diese Sperre immer in dir rum.“
Trotz des Siegtreffers wollte sich der Schütze das Prädikat „Mann des Abends“ aber nur mit seinem Sturmpartner Miroslav Klose teilen, den Nelson Valdez für die Wende im Spiel verantwortlich machte und hellseherische Fähigkeiten attestierte: „Miros Tor war heute für uns sehr wichtig. Außerdem hat er mir schon in der Halbzeit gesagt, dass das mein Spiel werden würde, weil ich das entscheidende Tor mache. Er lag vollkommen richtig.“
Große Anerkennung für die beiden Stürmer gab es auch vom dritten Werder-Torschützen des Abends, Ludovic Magnin. Der Schweizer, der sich selbst riesig über seinen Erfolg freute, sagte: „Sie haben zwei sehr wichtige Tore erzielt. Miros Treffer war so wertvoll, weil wir durch ihn gar keine Zeit hatten, uns negative Gedanken zu machen. Und für Nelsons Siegtreffer war die 87. Minute einfach der perfekte Zeitpunkt.“
von Michael Rudolph
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