Der Ärger bei Werders sportlicher Leitung war entsprechend groß. Cheftrainer Thomas Schaaf sagte: "Diese Aktion kann man nicht akzeptieren. Wir werden uns unterhalten müssen." Sportdirektor Klaus Allofs ergänzte später: "Da brauchen wir nicht lange zu reden, ich weiß, was zu tun ist." Den Klartext schob Werders Vorstandsmitglied gleich nach: "Das war undiszipliniert, dafür muss es eine Strafe geben. Er fehlt uns im nächsten Spiel. Und hier geht es nicht nur um seine Kanone, sondern um die Zukunft des Vereins."
Der Ärger über das Fehlen des Torjägers offenbarte jedoch auch die Wertschätzung der Werderaner für ihr "Sorgenkind". So sagte Allofs trotz aller Kritik: "Er tut sich momentan schwer mit dem Tore schießen, aber man darf ihn nicht nur daran messen. Toni zieht mit seiner Schnelligkeit und mit seiner Spielweise die Gegenspieler auf sich und öffnet Räume. Wir sind ohne ihn geschwächt." Auch Trainer Schaaf hielt auf der Pressekonferenz nach dem Spiel trotz der anhaltenden Torlosigkeit seines Stürmers tröstende Worte bereit: "Als Toni ausgewechselt wurde habe ich persönlich den Applaus der Ostkurve wahrgenommen. Er hat heute sehr engagiert gespielt und viel gearbeitet, aber insgesamt sehr unglücklich agiert."
Ailton: "Ich bin doch selbst sauer"
Schaaf weiß, dass sein Top-Stürmer sich auch im Bundesliga-Endspurt nicht hängen lassen wird. Der Brasilianer will sich seinen Traum von der Torjägerkanone wahr machen. Schaaf sagte dazu: "Jeder weiß, dass Toni dieses große Ziel hat, leider hat er sich mit seiner Gelben Karte heute selbst geschadet."
Der Betroffene selbst konnte die Kritik nachvollziehen. Auch für Ailton war die Sperre ein herber Rückschlag: "Ich bin doch selbst sauer. Ich kann jetzt nächste Woche nicht spielen. Das ist für Giovane die große Chance davonzuziehen." Doch auch ohne Gelbsperre wird es schwer für den Brasilianer. Zu mangelhaft ist in den vergangenen Spielen seine Chancenauswertung. "Ich kann es mir nicht erklären. Heute hatte ich zwei oder drei Chancen, die ich alle vor der Winterpause verwertet hätte."
Allofs: "Er hat die Namen Elber und Christiansen im Kopf"
Auf der Suche nach den Gründen für den verloren geglaubten Tor-Instinkt, machte Sportdirektor Klaus Allofs den Druck verantwortlich, den sich Ailton selbst aussetzt. Der ehemalige Weltklasse-Stürmer analysierte: "Ailton hat den Ball auf dem Fuß und sofort die Namen Christiansen und Elber im Kopf." Cheftrainer Thomas Schaaf sieht es genau so: "Man hat das Gefühl, er fängt vor dem Tor an zu denken und das ist für jeden Torjäger schlecht." Mannschaftskollege Fabian Ernst glaubt trotz allem daran, dass Ailton zu alter Stärke zurückfinden wird. Seine Tipps: "Er muss ordentlich weiter trainieren, dann bekommt er das Selbstvertrauen wieder zurück. Er kann sich nur selbst wieder aus diesem Tief rausholen."
Die Motivation dazu wird Ailton aufbringen. Trotz der gegenwärtig schlechten Aussichten im Kampf um die Torjäger-Kanone hat er seinen Traum noch nicht aufgegeben. Trotzig sagte er nach dem Schlusspfiff: "Vielleicht komme ich ja zurück und schieße in den letzten beiden Spielen noch vier Tore."
Michael Rudolph
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