"Unheimlicher Elfer-Killer" Wiese sprintet nach Berlin

Die Kollegen feierten Torwart Tim Wiese nach der Partie, der für sein Team ebenfalls lobende Worte fand.
Profis
Donnerstag, 23.04.2009 / 04:38 Uhr

Es war sein Moment. Noch einmal ruderte er mit den Armen, sprang auf der Linie hin und her. Noch einmal blendete er die Pfiffe, die fliegenden Bierbecher aus. Noch einmal schaute er dem Schützen in die Augen. Und noch einmal machte er sich gaaaanz lang! Gehalten! Werder im Finale und Tim Wiese von allen Fesseln gelöst! Wie angestochen raste er über den Platz schwenkte sein Trikot. Er wollte zu seinen Fans in die andere Kurve.

 

"Das war einer der größten Momente meiner Karriere und vor dem HSV-Fanblock kann ich ja schlecht jubeln. Also habe ich Gas gegeben, um schnell zu unseren Werder-Fans rüberzurennen.", schilderte der Held des Abends, der Mann der gleich drei Hamburger beim Elfmeterschießen verzweifeln ließ, die ersten Sekunden des Triumpfs. "Ich musste heute etwas reißen, wenn ich schon vor dem

Spiel die Sprüche mache. Und ich hatte heute schon immer das Gefühl, dass es mein Tag wird. Ich war mir so sicher. Ich war so ruhig. Dass es dann so geklappt hat, ist eine absolute Genugtuung", so der Keeper, der seiner Mannschaft den Finaleinzug beschert hat. "Wir haben uns das alle gemeinsam redlich verdient. Wir waren heute über 120 Minuten die bessere Mannschaft, hatten vorher nie ein Heimspiel und haben uns im Pokal bei Teams wie Dortmund und Wolfsburg druchgebissen", so der Keeper.

 

Dass sein irrer Sprint über den ganzen Platz die ausgepowerten Mitspieler an ihre Grenzen brachte - sie mussten ja hinterher, um ihren Keeper zu feiern - daran dachte der Keeper in diesem Moment überhaupt nicht. Sebastian Boenisch atemlos: "Wir waren schon 120 Minuten unterwegs, und dann mussten wir auch noch ihm hinterher. Wenn wir frisch gewesen wären, hätte wir ihn vielleicht eingeholt, so hatten wir keine Chance. Trotzdem war der Moment, als er den dritten Elfer hielt, einfach nur geil!" Per Mertesacker schmunzelte: "Der Schlussspurt gehörte noch mal zu unseren schwierigsten Aufgaben, aber wenn man gewonnen hat, dann macht man so etwas gern."

 

Als die Kollegen ihren Rückhalt eingeholt hatten, überschütteten sie ihren Keeper mit Lob. "Ein Denkmal bauen wir ihm jetzt nicht, aber wer drei Elfer hält, der kann eigentlich nichts besser machen. Überrascht sind wir aber nicht, Tim hatte schon in der Vergangenheit immer mal bewiesen, dass er diese Stärke bei Elfmetern hat. Wenn er das noch mal im Finale hinkriegt, bauen wir ihm vielleicht doch ein Denkmal", so Clemens Fritz. Diego hält Wiese für einen ganz wichtigen Bestandteil des Teams. "Er war heute perfekt. Drei gehaltene Elfmeter sprechen für sich. Aber so muss es auch in einem guten Team sein, wenn einer gebraucht wird, dann stellt er sich in den Dienst der Mannschaft. Und Tim war da, als wir ihn brauchten."

 

Große Anerkennung bekam Wiese auch von der sportlichen Leitung. Cheftrainer Thomas Schaaf freute sich sehr für den Schlussmann. "Das war nicht einfach für ihn. Sein Kollege im HSV-Tor konnte sich ja einige Male während des Spiels auszeichnen, aber bei Tim kam es immer wieder zu längeren Pausen. Dann so präsent zu sein, wenn es plötzlich ins Elfmeterschießen geht, ist schon außergewöhnlich. Es war gut, mit ihm einen Torhüter zu haben, der Elfmeter halten kann, denn wir wussten ja auch aus eigener Erfahrung, wie stark Frank Rost darin sein kann."

 

Geschäftsführer Klaus Allofs resümierte: "Ich habe heute über das gesamte Spiel zwei sehr starke Torhüter gesehen. Aber im Elfmeterschießen war Tim Wiese der Held. Heute hat er es super hinbekommen, die Reaktionen der Fans auf ihn in Motivation umzuwandeln, alles andere auszublenden. Früher war das noch nicht immer so. Er hat einen Riesenschritt nach vorn gemacht."

 

Für Torsten Frings war der Keeper der entscheidende Trumpf vor dem Elfmeterschießen. "Wir wussten, dass wir bei der Entscheidung vom Punkt eine Riesenchance haben werden, wenn wir konzentriert selbst unsere Schüsse verwandeln, denn Tim Wiese ist ein unheimlicher Elfmeter-Killer. Er hält eigentlich immer einen. Er hat seinen Job stark gemacht, genau wie die Schützen."

 

Und auch sie hatten einen Sahne-Tag. Pizarro – linker Innenpfosten – unhaltbar! Özil – links hoch – unhaltbar! Frings – mit Gewalt, Lattenunterkante, Torlinie, Lattenunterkante und rein – unhaltbar! Während die beiden Routiniers das Glück etwas strapazierten, versenkte Mesut Özil seinen Schuss ganz sicher und krönte eine starke Leistung. "Ich habe mich heute sehr gut gefühlt. Deswegen wollte ich auf jeden Fall einen Elfmeter schießen und habe mich freiwillig gemeldet. Ich habe das schon ein paar Mal im Training gemacht. Natürlich ist man hier viel nervöser, aber es hat dennoch sehr gut geklappt."

 

Wenig geklappt hat dagegen bei den Hamburger Elfmeterschützen. Pech für sie, dass ihre Elfmeter-Spezialisten fast alle aus dem Spiel waren. Trainer Martin Jol dazu: "Mit zehn Mann durch die Verlängerung zu gehen, war ein herber Schlag für uns. Und wenn es dann ins Elfmeterschießen geht und es fehlen Petric, Guerrero und Jarolim, dann müssen andere schießen und so wird es noch mehr zu einer Lotterie."

 

Eine Lotterie, bei der es diesmal einen Jackpot-Gewinner gab: Tim Wiese!

 

aus Hamburg berichten Michael Rudolph und Christoph Muxfeldt

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