Schlussphase mit Wechselbad und kalter Dusche

Werder bot einmal mehr ein unglaubliches Fußballspiel für die Fans.
Profis
Samstag, 18.10.2008 / 21:22 Uhr

Der Fußballgott hat das Weser-Stadion als Experimentierlabor für verrückte Spiele auserkoren. Dabei bastelt er in dieser Saison mit so einer Hartnäckigkeit an seinem Meisterstück, dass die Nerven der Besucher arg strapaziert werden. Nachdem er sich gegen Hoffenheim bereits ausgetobt hatte, fiel ihm für die Dortmund-Partie zunächst nichts richtiges ein, nur um sich dann wieder selbst zu übertreffen. Die Schlussphase überbot wieder alles, was man in dieser Spielzeit schon miterleben durfte. "Das war ein Wechselbad der Gefühle. Wir lagen lange zurück und freuen uns über den Ausgleich und dann schießen wir noch den vermeintlichen Siegtreffer. Doch dann geraten wir noch mal in Unterzahl, das darf bei einer Führung in der Nachspielzeit einfach nicht passieren", so Werder-Kapitän Frank Baumann. Dortmunds Trainer Jürgen Klopp schilderte es aus der anderen Perspektive: "Die beeindruckendsten Bilder lieferte sicher diese Schlussphase ab. Bis zwei Minuten vor Schluss haben wir geführt und wären sicher nicht mit einem Punkt zufrieden gewesen, aber vier Minuten später sah das ganz anders aus."

 

 

Aus einer Laune heraus, hatte der Fußballgott die Werder-Fans zwei Mal unglaublich jubeln lasssen. Ein kleiner Torwartfehler und ein gedankenschneller Pizarro, zum Ausgleich, gefolgt von einem technischen Kabinettstückchen des Peruaners, der das Stadion erbeben ließ. 3:2! völlig überraschend! "Im Grunde hatten wir das Spiel schon verloren und sind noch mal heran gekommen. Die Moral stimmte in der Mannschaft", so Klaus Allofs.

 

Doch weil es gerade so gut lief, setzte der Fußballgott noch einen drauf. Ein ordentlicher Schuss Passivität für die Grün-Weißen und fertig! 3:3! 92. Minute! Die kalte Dusche für 42.100 Zuschauer. Und geballter Ärger bei den Grün-Weißen. "Wenn man in der Nachspielzeit in Führung geht, dann gibt es danach für alle elf Mann auf dem Platz nur noch eins: Absoluter Kampf gegen den Ball. Da weiß jeder was zu tun ist, da muss man die Kugel wegschlagen. Das muss jeder wissen, ob er 18 oder 30 ist. Jeder, der da auf dem Platz stand, hat so eine Situation schon erlebt", ärgerte sich Klaus Allofs. Thomas Schaaf sah stattdessen eine lange Fehlerkette. "Wir haben alle zugeschaut, wie wir den Ball in der Mitte verlieren, lassen dann die Flanke auf der linken Seite ungehindert zu und sind dann in der Mitte nicht da, um den Ball zu blocken. Da fehlte einfach die Konzentration und Aktivität sich dagegen zu wehrenDa überwiegt dann schon der Ärger, wenn man so noch zwei Punkte verschenkt. Das ist eigentlich unfassbar."

 

Der Trainer griff dann unmittelbar nach dem Abpfiff zu einer ungewöhnlichen Maßnahme. Statt Auslaufen und Interview-Marathon, holte er das Team 20 Minuten in der Kabine zusammen. "Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten auf so ein Spiel zu reagieren. Manchmal sagt man nichts und lässt alles erstmal sacken. Aber heute habe ich mich dafür entschieden, der Mannschaft gleich danach ein paar Worte mitzugeben. Jeder Spieler soll sich heute Abend noch mit diesem Spiel beschäftigen, darüber nachdenken. Ich hoffe, dass ich beim Training morgen früh ein Echo bekomme. Wir können die Dinge, die wir sehen, nicht so an uns vorbeirauschen lassen", erklärte Schaaf.

 

Dass Schaaf direkt nach dem Spiel deutliche Worte wählte, fand auch Geschäftsführer Klaus Allofs angemessen. "Die Mannschaft hat das einfach noch nicht richtig verinnerlicht und wir müssen weiter daran arbeiten. Es nützt aber auch nichts mit dem Hammer draufzuhauen, denn dann muss man meist die Scherben mühsam einsammeln. Kritik muss immer sachlich sein."

 

 

Was in diesen Minuten genau gesagt wurde, wollte kein Werder-Profi verraten. "Das bleibt in der Kabine. Laut wurde es nicht, aber sehr deutlich", verriet Mesut Özil und hatte Verständnis für die Maßnahme. "Wir haben einfach abgeschaltet, dachten, es passiert nichts mehr. Jetzt ist eine Riesenenttäuschung da." Auch Mannschaftskapitän Frank Baumann wunderte sich, dass das Team offensichtlich nicht schnell genug aus vergangenen Fehlern lernt. "Leider läuft das immer ähnlich ab. Heute haben wir wieder ein Gegentor nach einer Standardsituation bekommen, obwohl wir klare Zuteilungen hatten. Und im Spiel nach vorn haben wir heute nicht die richtigen Mittel gewählt, haben zu oft durch die Mitte und zu ungenau gespielt." Für Baumann selbst war die Partie aber auch ganz persönlich mit Höhen und Tiefen verbunden. "Über den Elfmeter kann ich mich nicht beschweren, ich kam gegen Kehl ins Hintertreffen, habe zwar den Ball noch ein bisschen weggespitzelt, ihn aber oben rum zu Fall gebracht." Doch auch in der Offensive schlug der 32-Jährige zu: "Es war ein wichtiger Treffer zum Ausgleich, danach lief es bei uns besser. Aber es wäre sicher noch schöner gewesen, wenn mein Kopfball zum Sieg beigetragen hätte."

 

Der Fußballgott hatte jedoch anderes vorgesehen. Was er in den nächsten Heimspielen vorhat, weiß keiner. Zwar sieht es nach einem 1:1 gegen Schalke, dem späten 3:0 gegen Cottbus, dem unglaublichen 5:4 gegen Hoffenheim und dem 3:3 gegen Dortmund wie eine ständige Steigerung aus, doch eine Fortsetzung dieser Entwicklung scheint fast nicht möglich. Tickets kaufen lohnt aber auf jeden Fall im Weser-Stadion.

 

von Michael Rudolph und Dominik Kupilas

 

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