"Wir wollen uns beweisen", sagt Cheftrainer Thomas Schaaf zwei Tage bevor Werder am Samstag, 16.08.2008, 15.30 Uhr bei Arminia Bielefeld in die Bundesliga-Saison 2008/09 startet. Damit meint er zuerst den altbekannten Fakt, dass der Kampf um Punkte das ist, was zählt – die erfolgreiche Vorbereitung dort erst bestätigt werden muss. Auf die Grün-Weißen kommen jedoch noch eine Reihe anderer Prüfungen zu, in denen ihre Qualitäten gefordert werden.

Die 2. Prüfung lautet: besser starten als letztes Jahr. Das Programm ist vergleichbar, erst auswärts bei einem "Kleinen", dann daheim gegen einen ganz "Großen". In Bochum startete Werder vor einem Jahr mit einem 2:2 (2:0). Zwar gibt es Schlimmeres als ein Auswärtsremis zum Auftakt, das folgende 0:4 gegen den FC Bayern vermasselte Werder aber die Bilanz. Ein gutes Ergebnis in der SchücoArena ist also ein wichtiger Schritt, um dieses Mal am zweiten Spieltag besser da zu stehen. "Wir haben die Vorbereitung gut rum

gekriegt", sagt Thomas Schaaf und das könnte der entscheidende Unterschied zum Vorjahr sein. Damals fehlten acht Spieler am ersten Spieltag verletzungsbedingt. Derzeit fällt "nur" Per Mertesacker aus.

Schmerzhafte Erinnerungen an Bielefeld

Die 3. Prüfung dreht sich um den Gegner: Auswärtsspiel in Bielefeld. "Das ist keine einfache Aufgabe", unterstreicht Thomas Schaaf, "wir haben uns dort Jahr für Jahr schwer getan." Nur eins der letzten acht Spiele auf der ehemaligen Alm konnte Werder gewinnen. Vor allem die letzten beiden Begegnungen dort schmerzen: das enttäuschende 1:1 der letzten Saison (Torschütze per Elfer: Diego) und das bittere 2:3 in der Saison davor, die entscheidende Niederlage im Titelkampf.

Damit verbunden ist auch gleich Prüfung 4: "Unser Spiel durchbringen". Das fordert Thomas Schaaf von seiner Mannschaft. "Bielefeld wird keinen großen Offensivdrang verspüren und will uns das Leben schwer machen", erwartet Schaaf. Eins-gegen-Eins-Situationen zu suchen, Druck zu erzeugen, den Gegner zu Fehlern zu zwingen – das seien die Mittel, um die Arminen zu knacken.

Unbefriedigende Testergebnisse für die Arminia

In Prüfung 5 geht es ums Gut spielen ohne Diego. Das Team hat oft genug bewiesen, dass es dazu in der Lage ist. Dennoch ist das Fehlen des 10ers ein Thema im Umfeld und unter den Fans. "Die Rolle von Diego kann nur Diego übernehmen", schickt Thomas Schaaf vorweg – er

sucht demnach nicht nach Ersatz, sondern nach neuen Interpretationen. Aaron Hunt, Daniel Jensen und Mesut Özil kommen laut Trainer für diesen Auftrag in Frage, Spieler die "ihre kreativen Qualitäten, ihren Torabschluss einbringen" könnten. Aber Schaaf noch mal: "Wir sind damit in der Vorbereitung flexibel umgegangen und haben gute Ergebnisse, auch spielerisch, erzielen können." Klingt nicht, als würde sich da jemand Sorgen machen.

Das sind Werders fünf Prüfungen, man spürt: Es wird ernst. Logischerweise auch für die Gastgeber, die die Vorsaison als Fünfzehnte abschlossen. Ihre Vorbereitung lieferte unbefriedigendere Ergebnisse als die von Werder. Gegen Profiteams (Emden, Gladbach, AEK Athen, Rostock, Ahlen, Enschede) ging fast alles schief, außer kurioserweise gegen Trabzonspor (1:0). Die hatten ja Werder die einzige Testspiel-Niederlage zugefügt. Der Arminia-Kader wurde im Sommer reichlich verjüngt, Spieler wie Hain, Böhme, Gabriel und Zuma gingen, auch Eigler, Masmanidis und Langkamp. Nennenswerte Neuzugänge sind Verteidiger Nico Herzig (Aachen), Stürmer Berat Sadik (FC Lahti/Finnland), Defensivspieler Michael Lamey (Duisburg), Torwart Dennis Eilhoff (Koblenz) und Chris Katongo, 2-Millionen-Sturmhoffnung von Bröndby Kopenhagen.

Aber was sind schon Namen? Gerade in Bielefeld – diese Mannschaft ist stets zu Wundertüten-Spielen fähig. Wie gut sich Werders Team dagegen wappnet, "hängt davon ab, wie aktiv wir sind", sagt Thomas Schaaf. Es ist die ultimative Forderung: Mannschaft, beweise dich!

von Enrico Bach