Stürmer-Tore, aber Werder hält die Augen weiter auf

Angreifer Martin Harnik spielte das erste Mal nach seiner Knieverletzung, die er sich gegen den FC St. Gallen zugezogen hatte.
Profis
Mittwoch, 13.08.2008 / 22:04 Uhr

Vier Tage vor dem Bundesliga-Start war das Testspiel beim dänischen Erstligisten Esbjerg fB ein voller Erfolg. Nicht etwa, weil die Grün-Weißen das Spiel komplett beherrscht hätten, sondern weil Cheftrainer Thomas Schaaf noch einmal zahlreiche Erkenntnisse sammeln konnte, viele Spieler mit zuletzt etwas weniger Einsatzzeiten Spielpraxis bekamen und die Werder-Angreifer erneut aus dem Vollen schöpften und sich Selbstvertrauen holten.

 

Thomas Schaaf, der in einem ungewohnten 4-3-3-System spielen ließ, fasste den Auftritt seines Teams so zusammen: "In der ersten Halbzeit haben wir uns sehr schwer getan, aber das lag auch an der Formation, die so noch nie zusammengespielt hat. Wir waren in unseren Aktionen nicht so klar, wie wir es können", sagte der 47-Jährige, der jedoch im zweiten Durchgang eine Steigerung feststellte. "Da ist es besser gelaufen. Wir waren dichter am Gegenspieler dran, sind engagiert jedem Ball nachgegangen." Über seine Gedanken, das neue Spielsystem auszuprobieren, sagte der Bremer Coach: "Wir müssen uns immer weiterentwickeln. Es ist wichtig, mehrere Varianten spielen zu können, wenn man die Spieler dazu hat."

 

Für einige Spieler war der Test besonders wertvoll, um sich kurz vor dem Bundesliga-Start noch einmal zu präsentieren. Das galt auch für Offensiv-Mann Said Husejinovic, der bisher noch nicht so viele Einsatzminuten bekam. "Said muss sich noch zurechtfinden. Er hat zum ersten Mal eine Vorbereitung auf diesem Niveau absolviert und wird physisch und taktisch weiterhin noch viel dazugewinnen", so Schaaf.

 

Die beiden Sturmkollegen von Husejinovic - Boubacar Sanogo und Martin Harnik - standen ebenfalls unter Beobachtung. "Martin hat vor allem in der zweiten Halbzeit gezeigt, was in ihm steckt. Er ist viele Wege gegangen und hatte auffällige Szenen", erkannte sein Cheftrainer an. Der österreichische Nationalstürmer, der nach einem Außenbandanriss im linken Knie erst seit Montag wieder mit der Mannschaft trainiert, war mit seiner Leistung zufrieden.

 

"Ich habe das Tor zwar mit dem Kopf gemacht, aber das lag nicht daran, dass es Probleme mit dem Knie gab", scherzte der 21-Jährige kurz vor dem Rückflug gut gelaunt, "im Gegenteil, das Knie hat super gehalten. Ich hatte keine Angst, habe gar nichts mehr gespürt und konditionell konnte ich voll mithalten." Mit dem Treffer zum 3:0 krönte Harnik seinen Einsatz. "Das war schon wichtig für mich. Ich bin Stürmer und werde an Toren gemessen. Außerdem war es wichtig, in so einem Spiel zu treffen, in das ich zuerst - wie viele andere - schwer reinkam. Das neue System war noch etwas ungewohnt."

 

Über seine Tore freute sich auch Doppel-Torschütze Boubacar Sanogo. "Ich habe immer gesagt, dass ich auf den ersten Spieltag hinarbeite. Das scheint gut zu funktionieren. Am Samstag werde ich voll da sein und hoffe darüber hinaus, wie jeder andere, dass ich dann oft in der Startaufstellung stehe." Wer im Sturm momentan die Nase vorn hat, wollte Thomas Schaaf nicht verraten. Über Sanogo sagte er nur knapp: "Bei Bouba ist es wichtig, dass er wieder dort steht, wo die Bälle hinkommen. Er ist auf einem guten Weg. Das erste Tor war richtig gut gemacht."

 

Beenden werden die Grün-Weißen ihre Suche nach einer weiteren Offensivkraft allerdings nicht, obwohl die Angreifer mit ihrer tollen Ausbeute in den letzten beiden Spielen – immerhin trafen sie zusammen elf Mal – bewiesen haben, dass Werder in aller Ruhe suchen kann. Geschäftsführer Klaus Allofs, der wieder einmal einige Minuten bei WERDER.TV als Co-Kommentator auftrat, sagte: "Wir sind von unseren Stürmern überzeugt, aber in Anbetracht unserer vielfältigen Aufgaben halten wir die Augen weiter offen. Wenn es die Möglichkeit gibt, einen Stürmer zu verpflichten, dann muss er aber bereits auf höchstem Niveau gespielt haben oder das Potenzial besitzen, schnellstmöglich dorthin zu kommen."

 

Positiv bewertete Allofs aber auch die gezeigte Leistung der Hintermannschaft. "Es war nach den unnötigen Gegentreffern in Nordhorn und vor dem Spiel gegen Bielfeld wichtig, dass wir heute hier zu Null gespielt haben." In der Werder-Defensive durfte sich erstmals U 19-Nationalspieler Dennis Diekmeier bei den Profis beweisen. Für den Abwehrspieler kein Grund abzuheben: "Es ist toll, hier mitzuspielen, aber nur der nächste Schritt auf dem Weg, mich in der U 23 zu etablieren und mich dort für weitere Aufgaben zu empfehlen."

 

Empfehlen konnte sich Daniel Jensen in seiner Heimat. Er kam in der zweiten Halbzeit und sorgte für die bis dahin fehlende Ordnung im Spiel. Allofs lobend: "Er hat wieder gezeigt, wie wertvoll er für uns geworden ist." Positiv war auch, dass sich Mesut Özil nach seinem fiebrigen Infekt wieder zurückmeldete. Schaaf zu Özils Auftritt: "Man konnte ihm die Schwächung durch das Fieber noch anmerken. Er muss weiter daran arbeiten, sich offensiv und defensiv nonstop im Spiel zu zeigen."

 

Einen Verlierer des Abends gab es jedoch auch. Hugo Almeida hatte am Dienstagmorgen den Abflug verschlafen und konnte deshalb nicht seine Form unter Beweis stellen. Der Portugiese sammelte bei der sportlichen Leitung damit keine Pluspunkte. "Das kann sicher mal passieren, aber professionell ist das nicht. Das wird eine Geldstrafe nach sich ziehen", kündigte Klaus Allofs an. Thomas Schaaf fügte hinzu: "Es war ein Fehler von ihm, den Flug zu verpassen. Jetzt haben sich eben andere zeigen können. So hilft er sich selbst nicht weiter. Das ist schade, denn Hugo hat zuletzt gut gespielt und trainiert. Mit der Geldstrafe ist das Thema für mich allerdings erledigt, es wird keine weiteren Sanktionen geben."

 

von Michael Rudolph, Tino Polster und Maximilian Hendel

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