Schaaf: "Ich hätte gern mal wieder was zum Festhalten"

Gemeinsam durch dick und dünn: Nach dem Sieg in Leverkusen bedankte sich Thomas Schaaf bei den Werder-Fans für ein weiteres Jahr Treue, Rückhalt und Anfeuerung.
Profis
Dienstag, 20.05.2008 / 21:26 Uhr

Mit einem Becher Kaffee und ganz viel Zeit im Gepäck ging Thomas Schaaf in seine ganz persönliche Verlängerung als er am Montag vor die Journalisten trat. Er hatte zwei Tage Ruhe gehabt, die Konsequenzen des Millionen-Spiels in Leverkusen zu durchdenken, alles sacken zu lassen. Und jetzt hatte er Lust, noch einmal 90 Minuten über diese unglaubliche Spielzeit zu sprechen. Nach einem genüsslichen Schluck aus dem Pappbecher ging es los.

 

Thomas Schaaf über ...

 

... prägende Momente der Saison:

 

Was natürlich Aufmerksamkeit erregt hat, war das Heimspiel gegen Real Madrid. Aber ich tue mich schwer damit, nur auf reine Ergebnisse und Tabellen zu schauen. Es gibt viele kleine Dinge, die schön waren, die nicht die Auffälligkeit hatten. Etwa, wenn ein Spieler ein schwierige Phase gemeistert hat, wenn wir etwas einstudiertes gut umgesetzt haben, wenn sich die positive Entwicklung eines Spielers abzeichnet.

 

... die Mannschaft:

 

Was das Team geleistet hat, ist fantastisch. Man darf nicht vergessen, dass wir eine ganz junge Mannschaft haben. Ein Mertesacker, Diego, Naldo und Almeida, die sehen aus wie 35 - manchmal muss ich selbst nachschauen, wie alt die sind - aber das sind alles ganz junge Spieler, die sich noch entwickeln. Wir gehen diesen Weg, diesem Ziel entgegen, weil wir einen Kader zusammenhaben, mit dem viel zu erreichen ist.

 

... Stärken und Schwächen der abgelaufenen Spielzeit:

 

Wir sind eine außergewöhnliche Mannschaft, was den Torschuss angeht und in der Art und Weise Fußball zu spielen. Das wollen wir weiter verbessern. Aber wir haben es in dieser Saison dem Gegner zu leicht ermöglicht, Tore zu schießen. Da ist vielleicht etwas zu optimieren.

 

... die Bremer Besonnenheit während einer Schwächephase:

 

Wenn es nicht gut läuft, haben wir immer noch das Vertrauen in und das Wissen über die Qualität unseres Kaders. Als Trainer muss ich mich dann um die ganz konkreten Fragen kümmern, Fehler ausmerzen, verdeutlichen, dass wir uns enger am Gegenspieler dran sein müssen. Fragen nach dem großen Ganzen sind für mich in solchen Phasen ganz weit weg. Diese ganzen Spekulationen und Interpretationen, nach denen ich dann Tag für Tag gefragt werde, ob Werder nicht zu offensiv spielt, ob wir fahrlässig agieren, ob wir die Champions-League-Plätze verspielen, sind dann einfach nicht mein Thema. In den Momenten denkt man nicht unbedingt an die Qualifikation. Es ist wichtig, in der Aktualität zu leben, sich auf die tägliche Arbeit zu konzentrieren.

 

... seine Nachbereitung der Saison:

 

Ich gehe aus der Tür raus und mache Schicht. Adios. (schmunzelt) Nein, im Ernst, die Aufarbeitung geschieht schon während der Saison. Ich habe das Glück über ein unheimlich gutes Trainerteam zu verfügen. Auch Klaus Allofs zähle ich dazu, der sehr eng an der Mannschaft ist. Wir tauschen uns ständig aus. Man sieht ja oft nur, was draußen auf dem Trainingsplatz passiert, aber vieles läuft ja intern ab. Das geht oft schon morgens los. Bei einem Kaffee führen wir oft intensive Gespräche, diskutieren Tagesabläufe, sprechen über Spieler, Trainingspläne oder Taktiken. Auch im Trainingslager vor den Spielen ist es nicht so, dass wir uns auf die Pritsche legen, sondern wir setzen uns abends hin und entwickeln Konzepte, wir wollen immer innovativ sein. Das ist ein ständiger Prozess. Aber auch jetzt, nach der Saison werten wir alles nochmal aus. Diese Spielzeit ging so schnell rum: Du denkst: BUPP! Schon wieder 34. Spieltag! Und dann schaust du nochmal alles nach, wertest Eindrücke aus, nimmst Anregungen auf, leitest Merksätze für die Zukunft ab.

 

... die hohen Ansprüche im Werder-Umfeld:

 

Wie hoch die Ansprüche in Bremen sind, kann man an der Berichterstattung der letzten Wochen sehen. Diese negativen Stimmen haben mich schon manchmal genervt. Wir müssen in Bremen begreifen, dass wir momentan und in den letzten Jahren, etwas absolut außergewöhnliches erleben. Einmal nach oben kommen ist nicht so schwer, wie dort oben zu bleiben. Aber wir sind seit fünf Jahren immer da oben dabei. Wir müssen uns auch klar machen, mit welchem Fußball wir das erreicht haben, welche Begeisterung wir entfacht haben. Ich glaube, dass viele das noch gar nicht bemerkt haben. Und wir müssen uns verdeutlichen, wie viele Klubs darum kämpfen, das zu erreichen und wie viele es letztendlich schaffen. Und dann habe ich mich schon das eine oder andere Mal gefragt, für was ich mich eigentlich manchmal rechtfertigen muss.

 

 

.. über die eigenen, mutigen Ziele:

 

An den hohen Erwartungen sind wir natürlich auch selbst ein bisschen schuld. Wir haben Dinge geweckt. Ich erinnere mich noch, dass Klaus Allofs vor Jahren einmal auf einer Pressekonferenz ankündigte, dass wir uns in der Champions League etablieren wollen. Danach sagte ich zu ihm: „Klaus, weißt du eigentlich, was du da gesagt hast.“ Jetzt sind wir zum fünften Mal hintereinander dabei. Wir selbst sind so wahnsinnig, immer wieder die Latte nach oben zu legen. Da geht man so selbstverständlich drüber weg. Natürlich wächst Werder, wachsen die Ansprüche, wächst unser Etat, aber das Budget anderer Klubs, mit denen wir uns national und international messen, wächst weit extremer.

 

… Ziele abseits der Trophäensammlung:

 

Wir setzen uns auch künftig hohe Ziele. Aber noch einen draufzusetzen, kann auch bedeuten, die erreichte Dinge unter den schwierigen Umständen zu bestätigen. Man muss sehen, was realisierbar sein kann. Ich orientiere mich nicht an Platzierungen, oder überstandenen Runden. Wichtig ist mir, dass wir wieder und wieder diese interessanten, besonderen Champions-League-Abende schaffen, dass wir Spannung erzeugen, die Fans mit auf die Reise zu nehmen, Begeisterung zu entfachen, das sind solche Ansprüche. Wenn wir das erreichen, dann kommen die Resultate auf natürliche Weise auch zustande.

 

… und Titelträume:

 

Das ist doch keine Frage, Titel sind immer etwas ganz besonderes. Und ich gebe zu, dass ich auch mal wieder gern etwas zum Festhalten hätte. In meinem stillen Kämmerchen schaue ich auch mal auf die Tabelle und sage mir, die zehn Punkte auf den Tabellenführer waren dieses Jahr zu viel. Auch wenn man dann oft vergisst, dass man natürlich auch schwere Situationen glücklich überstanden hat. Aber für einen Titel muss alles stimmen. Man kann ihn nicht planen. Wir haben die Richtung eingeschlagen, bleiben ihr auch treu, aber es gibt immer wieder Dinge, die dich behindern können.

 

… über künftige Transferaktivitäten:

 

Wir werden unseren Kader überdenken. Fest steht, zwei Spieler, die Leistung nachgewiesen haben, verlassen uns und einen Kader zu bestücken mit Spielern, die uns auf diesem Niveau helfen, wird immer schwerer. Die Anzahl der Spieler auf diesem Level wird nicht größer, aber die Anzahl der Verein, die sich um sie drängeln. So steigern sich die Summen. Aber man darf auch nicht jedes Rennen mitmachen. Es muss sinnvoll und seriös sein. Die Jungs müssen in unser Gefüge passen. Ich hoffe, dass wir unsere Philosophie weiterführen. Wir wollen es auch in Zukunft schaffen, internationale Spieler zu holen, sie zu entwickeln, sie heranzubringen und eine Identifikation zu erreichen.

 

notiert von Maximilian Hendel und Michael Rudolph

 

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