Legitime Mittel hier, beschränkte Gegenmittel da

Cheftrainer Thomas Schaaf und Co-Trainer Wolfgang Rolff waren nicht immer einverstanden mit dem Geschehen auf dem Platz.
Profis
Samstag, 31.03.2007 / 20:57 Uhr

Thomas Schaaf war einfach der falsche Ansprechpartner. Alle Fragen zur erfolgreichen Defensiv-Taktik von Energie Cottbus verwies Werders Cheftrainer an den eben vorbei laufenden Kollegen Petrik Sander: "Das müssen Sie ihn fragen." Der nahm den Ball auf und machte den Spaß mit: "Thomas, du kannst gern noch mal in mein Trainerzimmer kommen, wenn du was erklärt haben willst." Es war der Jux eines glücklichen Trainers, dessen Mannschaft gerade einen "gefühlten Sieg" errungen hatte, "ein Unentschieden der Moral, der Leidenschaft und des Kampfes."

 

Energie hatte sich "wie gewohnt mit zwei Viererketten hinten eingemauert", sagte ein frustrierter Miroslav Klose. Mit dieser gut beschriebenen totalen Defensive hatte der selbst ernannte "Fight-Club" den Werderanern einen wertvollen Punkt abgetrotzt. "Schön war das nicht", sagte Thomas Schaaf, "aber der Fußball gibt das her. Es ist legitim, so zu spielen." Die Cottbuser Taktik verglich er mit der von Celta Vigo, die Werder das Leben zuletzt ähnlich schwer gemacht hatte: "Sie haben wenig zugelassen, standen mit allen elf Mann 35 Meter vor dem eigenen Tor." Auch Geschäftsführer Klaus Allofs wollte dem Gegner keine Vorwürfe machen: "Es gibt verschiedene Mittel, zum Erfolg zu kommen. Wenn man nur diese Mittel hat, ist es okay." Doch er schloss auch den Bogen zum eigenen Team, das sich solch heftiger und fokussierter Gegenwehr nicht zum ersten Mal gegenüber sah: "Wir erleben doch häufiger, dass wir auswärts das Spiel machen müssen, der Gegner sich nur hinten rein stellt und mit einem Punkt glücklich ist. Diese Mannschaften tun uns nicht den Gefallen, ihre Räume für unser Spiel zu öffnen, das ist dann eben mühselig."

 

Allofs machte sich Gedanken, mit welchen Mitteln dem Gegner beizukommen gewesen wäre. Einer schied schon mal aus: "In den Rücken dieser Abwehr konnten wir heute nicht spielen, da hätten wir uns ja an der Werbebande wiedergefunden." Doch er hatte andere Vorschläge: "Wir haben vergessen zum Abschluss zu kommen, haben es versäumt, mal aus 20 Metern abzuziehen und lieber noch mal quer gespielt. Keiner wollte die Verantwortung übernehmen." Weitere Mittel zum Drei-Punkte-Zweck hätten sein können: "verstärktes Spiel über außen" und "die Standards, da hatten wir eine Menge, aber haben sie nicht überzeugend genutzt". Tatsächlich jagte Werder auch mit "gefühlten 97 Freistößen vor unserem Strafraum" (Petrik Sander) dem Gegner nur wenig Angst ein – mit zwei Ausnahmen.

 

Die erste in Minute 17, als Energie-Keeper Piplica einen Diego-Freistoß nicht festhielt und Klose den Abpraller auf Hunt weiterleitete, der einschob, aber im Abseits stand. "Ich sah ihn halt frei stehen, deswegen lege ich ihm den Ball auf", beschrieb Klose den für ihn typischen Blick zum Nebenmann, "im Nachhinein ist man schlauer...". Hunt hatte für seine Abseitsposition eine plausible Erklärung parat: "Ich musste vor laufen, wir spekulierten beide auf den Abpraller."

 

Die zweite große Chance resultierte aus einem von vier Werder-Eckbällen. Per Mertesacker lenkte den Ball in der 70. Minute mit dem Kopf aber nur an die Latte. "Das ist dann auch typisch für solche Spiele", sagte Klaus Allofs wissend. "Solche Spiele" kennt Tim Wiese sonst hauptsächlich aus der Saison-Vorbereitung gegen unterklassige Gegner: "Wir haben 95 Prozent Ballbesitz, die stellen sich hinten rein und ballern 90 Minuten lang die Bälle weg. Heute war es auch so, nur dass wir sonst die Tore machen." Beschäftigungslos wie selten hätte er sich auch einen Stuhl nehmen sich hinsetzen und das Spiel gucken können, scherzte Werders Torhüter, dem sonst eigentlich nicht nach Späßen zumute war: "Wir hätten hier drei Punkte mitnehmen müssen. Dumm gelaufen."

 

Bei Werder war man sich allerdings einig, dass auch nicht alles verkehrt war an diesem Spiel: "Die Mannschaft hat es versucht, man kann ihr nicht vorwerfen, dass sie passiv oder leichtfertig war", sagte Klaus Allofs, der auch die Defensivarbeit lobte: "Das war sehr souverän, da ist nichts angebrannt". Auch Thomas Schaaf wollte nicht nur Enttäuschendes kommentieren: "Wir standen gut und waren sehr ballsicher, trotz des schlechten Platzes. Wir haben viel richtig gemacht, unser Spiel bis zum Sechzehner war hervorragend." Immerhin kombinierte sich Werder ja immer wieder hübsch durchs orangefarbene Getümmel, "aber am Strafraum dann war es schwer, durch zu kommen – es war wie ein Handballspiel", sagte Aaron Hunt.

 

Sein Trainer ging auf das Angebot seines Kollegen Sander, ihm seine Taktik vorzustellen, übrigens nicht ein. Die in Cottbus gepflegte Auslegung des Fußball-Spiels ist seine Sache nicht.

 

von Enrico Bach und Michael Rudolph

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