Egal ob er dabei mit dem Trainerteam im Biergarten sitzt oder mit seiner Freundin an der Weser, angesprochen wird er inzwischen ab und zu – obwohl er sich unauffällig verhält und auch ein bisschen tarnt, wie er lachend erzählt. Meistens sind das Fans, die zum guten Spiel gratulieren oder Glück fürs Wochenende wünschen. Das nimmt Werner gerne an, die enge Verbindung zwischen den Fans, der Stadt und dem Verein ist schließlich eine der Besonderheiten bei Werder. Was sonst noch besonders ist, wie er seine Rolle in der Nachwuchsarbeit sieht und wie er mit der Verantwortung als Cheftrainer umgeht, verrät Ole Werner in Teil eins des Gesprächs mit WERDER.DE.
WERDER.DE: Bei deinem Amtsantritt hast du gesagt, dass du gern zu Werder als klassischem Traditionsverein kommst. Was bedeutet Tradition im Fußball für dich?
Ole Werner: „Ein Traditionsverein ist in der Stadt historisch verankert und hat über einen langen Zeitraum eine große Bedeutung für die Menschen dort. Das ist bei Werder natürlich so, ein Verein mit einer langen, erfolgreichen Historie, sicherlich auch von außen betrachtet mit das größte Aushängeschild, das Bremen hat.“
WERDER.DE: Wenn also Leipzig oder Hoffenheim gefragt hätten, hättest du Nein gesagt?
Ole Werner: „Nicht unbedingt. Ich habe ja auch schon gesagt, dass ein Traditionsverein für mich zwar etwas Schönes ist, das aber bei der Entscheidung keine Hauptrolle gespielt hat. Bei Werder Bremen gefällt mir die Art und Weise, wie hier gearbeitet wird. In den Gesprächen schienen die Personen, die hier arbeiten, gut zu mir selbst zu passen. Ich hatte das Gefühl, man kann erfolgreich zusammenarbeiten. In meiner Funktion als Trainer ist das noch wichtiger als die Frage, ob das ein Traditionsverein ist, oder nicht. Trotzdem finde ich es auch schön, bei einem Traditionsverein zu arbeiten.“
WERDER.DE: Gibt es überhaupt etwas, was dich zu einem Verein kategorisch Nein sagen lassen würde?
Ole Werner: „Es gibt natürlich Länder, in denen ich nicht unbedingt arbeiten würde. Länder, in denen das Geld, das den Verein finanziert, aus Geschäften kommt, die ich nicht unterstützen möchte. Oder Vereine, bei denen man Werbefigur für Unternehmen oder Organisationen wäre, bei denen man das nicht gerne wäre. In diese Richtung gibt es sicher Dinge, die ich für mich ausschließen würde.“
WERDER.DE: Du warst selbst nicht so lange Fußballer, musstest deine Karriere früh beenden. Beeinflusst das deine Arbeit als Trainer?
Ole Werner: „Bestimmt. Ich kann aber nicht genau sagen wie, weil ich ja den Unterschied nicht kenne. Ich hatte nie die ganz große Spielerlaufbahn, habe gewisse Situationen also als Spieler nie erlebt. Trotzdem weiß ich, wie eine Mannschaft funktioniert, weil ich auch in einer Profikabine gesessen habe, wenngleich nur sehr kurz und auf einem anderen Niveau. Ansonsten hilft mir die Tatsache, dass ich mit dem Fußball aufgehört habe und danach verschiedene andere Dinge gemacht habe auch. Ich habe verschiedene Perspektiven, nicht nur die Perspektive Profifußball. Ich habe durch verschiedene Berufe mit ganz verschiedenen Leuten Kontakt gehabt und glaube, dass ich mich deshalb ganz gut in verschiedene Perspektiven hineinversetzen kann. Das hilft mir. Und die anderen Dinge wie Spielererfahrung versuche ich dann über das Trainerteam zu ergänzen, zum Beispiel über Patrick Kohlmann und Christian Vander, die diese Perspektive einnehmen."
WERDER.DE: Ex-Werderaner Per Mertesacker, der inzwischen die Nachwuchsakademie bei Arsenal leitet, sieht diese fehlende andere Perspektive, wenn Profifußballer von Kindheit an auf eine Sportkarriere hinarbeiten, als großes Problem. Ist es dir wichtig, deinen jungen Spielern diese Perspektive zu vermitteln?
Ole Werner: „Wenn junge Spieler heute im Profibereich ankommen wollen, ist das Leben ab dem 13. oder 14. Lebensjahr spätestens durchgetaktet. Das hat durchaus auch sein Gutes, weil man auch in sehr vielen Bereichen ausgebildet wird. Klar, diese etwas abweichenden Lebensläufe gibt es immer weniger, aber wie soll man das vermitteln? Man kann sich natürlich in Gesprächen immer mal wieder über normale Dinge unterhalten. Das passiert auch, die Jungs beschäftigen sich ja nicht nur mit Fußball, sondern auch mit normalen Dingen, machen Erfahrungen außerhalb der Fußballblase. Bei uns in der Mannschaft sind ja auch helle Köpfe, da wird manchmal ein falsches Bild gezeichnet. Aber natürlich hat jeder aus seiner Biografie Dinge, die ihn prägen. Und wenn du heute mit 18 Profi wirst, bist du in der Regel schon sechs oder sieben Jahre in diesem System, das sehr wenig Zeit für Entfaltung außerhalb vom Fußball lässt. Mir fällt jetzt aber auch keine schlaue Alternative ein, denn wenn du noch viele Dinge abseits vom Sport machst, kannst du diesen Leistungsanforderungen nicht gerecht werden. Das private Umfeld und private Bezugspersonen können da einiges mit auffangen. Da sind Trainer im Jugendbereich aber ehrlicherweise wichtiger als ich als Trainer, zu mir kommen sie, wenn es schon klar nur noch um Leistung geht und der Fokus auf dem Fußball liegt.“
WERDER.DE: Du bist auch selbst noch relativ jung, trägst aber sehr viel Verantwortung. Ist das für dich eher Last oder Motivation?
Ole Werner: „Es macht mir auf jeden Fall Spaß, Einfluss auf die Dinge zu haben. Ich kann damit auch gut umgehen und trage gern Verantwortung für meine Leute, stelle mich auch mal vor sie, wenn es ungemütlich wird. Aber das ist nicht meine Hauptmotivation, diesen Job zu machen, das ist eher das Interesse an Menschen, mit einer Gruppe etwas zu erreichen. Die Verantwortung gehört zum Beruf dazu, das belastet mich nicht, aber ich bin mir dessen immer bewusst. Ich frage mich immer wieder, kann ich die Verantwortung übernehmen, bin ich der Richtige, was brauchen Mannschaft und Verein jetzt."
WERDER.DE: Also keine schlaflosen Nächte wegen der Verantwortung für Werder Bremen?
Ole Werner: „Nicht wegen der Verantwortung. Natürlich denke ich über Dinge nach und das geht auch mal abends ein bisschen länger oder ich wache ein bisschen früher auf. Es ist, glaube ich, normal, in diesem Beruf nicht immer alles sofort abzuschütteln. Man hat ja auch eigentlich rund um die Uhr Dinge zu klären. Aber nicht, weil ich so an meiner Verantwortung trage, sondern eher weil ich mir überlege, welche Lösungen gibt es für diese oder jene Herausforderung.“