WERDER MAGAZIN: Die Aufsichtsratsmitglieder Marco Bode, Kurt Zech, Andreas Hoetzel und Thomas Krohne haben angekündigt, nicht wieder für den Aufsichtsrat zu kandidieren. Waren Sie überrascht?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: "Ich war überrascht und bedaure diese Entscheidungen sehr. Die Zusammenarbeit mit dem aktuellen Aufsichtsrat war von großer Intensität geprägt. Er hat der Geschäftsführung in diesen schweren Zeiten immer beratend zur Seite gestanden, viele wichtige Impulse gegeben und vor allem Entscheidungen kritisch begleitet. Dass die Kontrollfunktion in der Öffentlichkeit nicht so wahrgenommen wurde, lag an der großen Disziplin des Aufsichtsrats, der sich darauf verständigt hatte, trotz aller Emotionen und sicher auch unterschiedlicher Bewertungen immer wieder eine gemeinsame Haltung zu entwickeln und die Kommunikation über Marco Bode laufen zu lassen. Das ist eine große Besonderheit, die Werder Bremen auch ausgezeichnet hat. Ich hoffe, dass auch nach der Neubesetzung des Gremiums dieses konstruktiv-kritische Miteinander so erhalten bleibt."
WERDER MAGAZIN: Eine gewisse Konstanz hat das Präsidium sichergestellt, in dem es erneut und auch sehr frühzeitig die Nominierung von Axel Plaat und Marco Fuchs für den Aufsichtsrat einstimmig bestätigt hat.
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: "Das war in der Tat ein großer Vertrauensbeweis, den das Präsidium gesendet hat. Die beiden haben die Interessen des Vereins in diesem Gremium sehr kompetent vertreten. Ihre Fachlichkeit und Kompetenz sind unumstritten. Auch der Faktor Konstanz spielt sicher eine Rolle. Dieses sechsköpfige Gremium komplett neu zu besetzen, halte ich in diesen herausfordernden Zeiten nicht für zielführend für die Stabilität unseres Vereins. Darin war sich auch das Präsidium sehr schnell einig."
WERDER MAGAZIN: Vor der Mitgliederversammlung gibt es immer wieder Stimmen, die sich dafür aussprechen, dass der Präsident selbst in den Aufsichtsrat nominiert werden und dort den Vorsitz übernehmen sollte, um nicht im operativen Geschäft zu agieren, sondern als oberste Kontroll- und Aufsichtsinstanz.
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: "Diese Stimmen gibt es seit der Ausgliederung im Jahr 2003 in regelmäßigen Abständen. Der Verein hatte damals sehr gute Gründe dafür, Strukturen zu schaffen, die ihm einen großen Einfluss auf das operative Geschäft garantieren. Werder wollte allen Kritikern der Ausgliederung aufzeigen, dass wir trotz der Gründung einer Kapitalgesellschaft EIN WERDER bleiben. Dass wir es schaffen, Strukturen zu installieren, um auf Augenhöhe zu agieren und einer Entfremdung der beiden Organisationen entgegenzuwirken. Das ist aufgegangen. Wir sind in diesen Strukturen Double-Sieger geworden, haben lange Champions League gespielt und haben sportliche Durststrecken überwunden. Aber das Präsidium ist an dieser Stelle auch nicht dogmatisch unterwegs. Wir wissen, dass sich die Zeiten verändern, dass Werder größer geworden ist, die Kapitalgesellschaft in anderen Umsatz-Regionen gelandet ist und in vielen Bereichen spezielle Fachkompetenz gefragt ist. Wir haben uns schon immer damit auseinandergesetzt und nicht zuletzt 2017 mit einer monatelang vorbereiteten Satzungsänderung dieser Entwicklung Rechnung getragen, die es möglich macht, die Position des Geschäftsführers auch mit Persönlichkeiten zu besetzen, die nicht dem geschäftsführenden Präsidium angehören. Wir haben uns in diesem Prozess außerdem darauf verständigt, diese Strukturen regelmäßig zu überprüfen. Und dieser Verantwortung werden wir uns stellen."
WERDER MAGAZIN: Gibt es denn im Präsidium Aktivitäten, eine solche Personal-Rochade kurzfristig umzusetzen?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: "Die Satzung würde es ja schon jetzt weitgehend hergeben. Nein, wir haben da im Präsidium eine sehr klare Haltung, und die ist auch sehr belastbar. Kurzfristig werden wir an diesem starken und wichtigen Steuerungsinstrument des Vereins, selbst in der Geschäftsführung Entscheidungen mit zu treffen, nichts verändern. Wie ich schon sagte, wir brauchen jetzt den Fokus, der uns durch diese Krise führt. Und wir müssen uns alle bei dieser Arbeit gegenseitig unterstützen. Wir brauchen jetzt den Zusammenhalt und keine Strukturdebatte, die nach diesem Abstieg zu emotional und persönlich geführt werden würde. Das Präsidium nimmt die Stimmen wahr, die jetzt schnelle Reformen fordern, aber das Präsidium ist nicht von den Motiven überzeugt, die dort vorgetragen werden. Es entsteht bisweilen der Eindruck, dass persönliche Motive eine viel zu große Rolle spielen und der Effekt einer solchen Strukturreform völlig überhöht wird. Die Strukturreform ist kein Allheilmittel. Deshalb werden wir im Präsidium in den Strukturfragen das Steuerrad auch weiter in der Hand behalten und das Tempo bestimmen. Wir werden eigene Gedanken zu strukturellen Anpassungen an die Herausforderungen vorlegen."