WERDER.DE: Die vergangenen Tage waren für alle Werderaner extrem aufreibend. Wie war es für dich? Konntest du das Geschehene schon einordnen und verarbeiten?
Frank Baumann: "Mir geht es nach wie vor natürlich nicht wirklich gut. Ich glaube es ist ganz normal, dass die Trauer, die Wut und die Leere, die man Samstag gespürt hat, auch Tage danach noch vorhanden ist. Trotzdem habe ich dann sehr schnell den Schalter umgelegt, weil einerseits eine Aufarbeitung der Saison notwendig ist und andererseits der Blick nach vorne gerichtet werden muss und schnelle Entscheidungen notwendig sind. Wir brauchen einen neuen Trainer und werden im Kader einen größeren Umbruch haben. Und da die Zweitligasaison deutlich vor der ersten Liga beginnt, haben wir wenig Zeit. Insofern arbeiten wir sehr intensiv daran, die neue Saison vorzubereiten."
WERDER.DE: Im letzten Jahr gab es eine intensive Aufarbeitung und Analyse nach der Saison. Wie sieht das nach dieser Saison aus?
Frank Baumann: "Die Aufarbeitung läuft grundsätzlich bei uns auch während der laufenden Saison. In den letzten Tagen ging es darum, welche Entscheidungen wir diese Saison getroffen haben. Insbesondere die letzten Wochen mussten wir nochmals kritisch aufarbeiten. Das wir in zehn Spielen nur einen Punkt geholt haben, hat uns den Abstieg gekostet. Insofern kann man festhalten, dass der Abstieg unnötig war und wir am Ende des Tages selbst schuld waren."
WERDER.DE: Was ist da nach dem Bielefeld-Spiel passiert? Hat sich die Mannschaft zu sicher gefühlt?
Frank Baumann: "Wir haben schon versucht, dagegen anzuwirken, weil wir wussten, dass wir noch weitere Punkte brauchten. Die Negativspirale nahm zu und wir haben immer mehr Selbstvertrauen verloren. Es gibt keinen Alleinschuldigen. Die Mannschaft, das Trainerteam und ich sind diejenigen, die im Sport entweder die Rahmenbedingungen schaffen oder auf dem Platz Punkte holen. Und das haben wir nicht geschafft und insofern war nicht nur die Enttäuschung sehr groß, sondern wir müssen festhalten, dass wir diese Saison Fehler gemacht haben."
WERDER.DE: Dir wird ein Großteil der Schuld zugeschrieben und es wird auf ein klares Signal des Aufsichtsrates gewartet, dass du deine Arbeit fortsetzen kannst. Was macht das mit dir und inwiefern schränkt das deine Arbeit ein?
Frank Baumann: "Es ist ganz normal, dass nach dem Abstieg eines Traditionsclubs wie Werder Bremen auch Positionen in Frage gestellt werden. Das ist ein Prozess, der richtig und wichtig ist, weil sich der Club sicher sein muss, mit wem er in die Zukunft gehen will. Deshalb habe ich damit kein Problem. Wir haben als Geschäftsführung das Mandat, die Planung der neuen Saison in Bezug auf den Trainer und die Kaderplanung weiter voranzutreiben.
WERDER.DE: Wie ist denn der Stand bei der Trainersuche? Wann rechnest du mit Vollzug?
Frank Baumann: "Aktuell haben wir drei Favoriten, mit denen wir in einer zweiten Gesprächsrunde nochmals gesprochen haben, um ein breiteres Bild und Eindruck zuzulassen. Jetzt sind wir in der finalen Phase des Auswahlprozesses. Der neue Trainer kann wahrscheinlich in den nächsten Tagen präsentiert werden."
WERDER.DE: Wie läuft der Prozess ab?
Frank Baumann: "Wir holen uns Referenzen ein, sprechen mit ehemaligen Mitarbeitern, Spielern und Vorgesetzten. Auch ein Sportpsychologe nimmt die Kandidaten unter die Lupe. Mit einem Kommunikationsexperten analysieren wir, wie der Trainer auch in der Öffentlichkeit wirkt. Auch die Spielweise, wie viele Tore die Mannschaft geschossen hat, wie die Ergebnisse im Vergleich zu den Leistungen waren, spielt eine entscheidende Rolle. Wir haben sehr viele Daten zur Verfügung. Aus diesen ganzen Informationen formen wir ein Gesamtbild, was sich in einem persönlichen Gespräch weiter verfestigt."
WERDER.DE: Was sind die Anforderungen an den neuen Trainer?
Frank Baumann: "Unser Anforderungsprofil umfasst zunächst Fachkompetenzen, soziale und persönliche Kompetenzen und auch Führungskompetenzen, die als Bundesliga Cheftrainer ein sehr wichtiger Punkt sind. Weiter geht es um die Ergebnisorientierung: Wie vermittelt ein Trainer den Siegesswillen, wie kann das selbst vorgelebt und auf Mannschaft übertragen werden. Dazu kommt noch unsere grundsätzliche Philosophie. Also welchen Fußball wir spielen wollen und wie ein Kader zusammengestellt sein soll. Der Druck nächstes Jahr wird sehr groß sein. Wir werden dort als Favorit in ganz viele Spiele gehen und brauchen einen Trainer mit klarer Handschrift, der unserer Spieler besser machen kann und auch Lust hat, mit jungen Spielern zu arbeiten."