"Immer mehr heißt nicht immer besser"

Frank Baumann zu den Erkenntnissen der Hinrunde-Analyse

Hinrunde aufgearbeitet: Frank Baumann und Florian Kohfeldt (Foto: nordphoto).
Profis
Sonntag, 05.01.2020 / 18:32 Uhr

Aus dem Trainingslager berichten Yannik Cischinsky und Christoph Pieper

Etwas über eine Stunde lang schwitzten die Werder-Profis am Sonntagvormittag auf dem Grün nahe der mallorquinischen Inselhauptstadt. Es gab viel zu sehen für die Fans, den Staff und das Trainerteam. Nicht aber für Frank Baumann. Der Geschäftsführer hatte zu einer Gesprächsrunde mit den mitreisenden Medienvertretern geladen. 90 Minuten sprach Baumann vor den Zeitungsredakteuren, eine knappe halbe Stunde vor den TV- und Radiostationen, die mit Werder ins Trainingslager gereist sind. Das Thema dabei war ebenso klar wie komplex: die Analyse der Hinrunde. Und Baumann nahm sich viel Zeit, um zu erläutern.

Unmittelbar nach dem enttäuschenden Schlusspunkt der Hinrunde, dem 0:1 in Köln, hatten Frank Baumann, Florian Kohfeldt und Marco Bode bereits angekündigt, dass es eine ausführliche und intensive Aufarbeitung des Halbjahres geben werde. Für die Sportliche Leitung ging es zwischen Weihnachten und Trainingsauftakt im neuen Jahr also vor allem darum, die gewonnenen Erkenntnisse verschiedenster Fachbereiche zusammenzufügen wie ein großes Puzzle. Zu komplex und vielschichtig ist die Arbeit rund um das Bundesligateam längst geworden, um das enttäuschende Abschneiden bis Weihnachten auf wenige – möglicherweise populistische – Parameter zu reduzieren.

Bereits im September strukturell reagiert

Trotz der besten Saison seit neun Jahren wurde im Sommer an mehreren Stellschrauben gedreht, „um unter dem Strich auch noch die letzten Prozentpunkte herauszuholen“, wie es Baumann in der Retrospektive formuliert. So kam neben einem zusätzlichen Co-Trainer mit Cheftrainererfahrung, Ilia Gruev, mit Marcel Abanoz ein weiterer Rehatrainer für eine bessere Verzahnung dazu. Die Präsenz von Psychologe Andreas Marlovits wurde erhöht, mit Benjamin Schnee wurde ein neuer Mannschaftsarzt verpflichtet, der durch die neugeschaffene Kooperation mit der Paracelsus-Klinik in Bremen die Präsenz erhöhen sollte und auf die Bedürfnisse individueller eingehen sollte. Und nicht zuletzt wurden mit einem neugeschaffenen Trakt aus Besprechungsräumen und dem sanierten Athletikbereich signifikante infrastrukturelle Veränderungen im „Heiligsten“, dem Kabinentrakt, vorgenommen.

Durch die starke Saison 2018/19 war nicht zuletzt der Ehrgeiz der sportlich Verantwortlichen geweckt. Auch im Mannschaftsgefüge habe eher Überehrgeiz denn Bequemlichkeit geherrscht, so Baumann. Die Krux: Aus der Bereitschaft, jeden Extrameter zu gehen, sei der eine oder andere Meter zu viel gegangen worden. Ohne eine nennenswerte Umgestaltung in der athletischen Saisonvorbereitung hatte der SV Werder in der Hinrunde mit zahlreichen Muskelverletzungen zu kämpfen. Für die Neuzugänge Ömer Toprak (Borussia Dortmund) und Benjamin Goller (Schalke 04), die beide längerfristig verletzt pausieren mussten, sei beispielsweise die Form der Belastung ungewohnt gewesen. Unter anderem führte Frank Baumann als mögliche Gründe aber auch zu geringe Regenerationsphasen und ein Defizit im Austausch zwischen den Spielern sowie den unterschiedlichen Gewerken an. „Darauf haben wir bereits im September mit einer Strukturveränderung reagiert“, erklärt Baumann und nennt beispielhaft neugeschaffene Sitzungen und verbesserte Kommunikation. „Die Schuld liegt nicht bei einem Fachbereich.“

Anders als in der öffentlichen Wahrnehmung sei an diesem Punkt das Fehlen Max Kruses deutlicher zu spüren als auf dem Platz. Als Kapitän sei Kruse Wortführer der Mannschaft gewesen – eben auch für das Bedürfnis nach Erholungsphasen. In der Hinrunde sei das Team, so der Geschäftsführer, vielleicht „etwas zu brav über den Punkt hinweg gegangen“. Dieser grundsätzlich überaus positive Einsatz fiel Werder auf die Füße. „Immer mehr heißt eben nicht immer besser“, so Baumann.

Vielleicht haben wir zu viel gewollt.
Frank Baumann

So wurden aus immer neuen Verletzungen und Kaderkonstellationen immer weniger Automatismen, weniger Zusammenspiel. Fehlende Ergebnisse bedingten ein fehlendes Selbstvertrauen und fehlenden Mut – Gift für die von Cheftrainer Florian Kohfeldt propagierte mutige Spielweise. Ein Teufelskreis. „Vielleicht haben wir zu viel gewollt“, sagte Baumann, den auf Mallorca aber schon wieder ein optimistisches Gefühl gepackt hat. „Ich bin überzeugt, dass allen in der Mannschaft bewusst ist, wo wir uns befinden, was Abstiegskampf bedeutet und wie wir uns daraus befreien wollen“, so Baumann, der am Ende des Sonntagstrainings dann doch noch einen kurzen Blick in Richtung Spielfeld richten konnte.

 

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