"Wir wollen selbst davon profitieren"

Geschäftsführer Frank Baumann erklärt das Leihgeschäft

Frank Baumann will zukünftig die Leihgabe von Spielern noch gezielter nutzen (Foto: nordphoto).
Interview
Donnerstag, 06.06.2019 / 18:13 Uhr

Das Gespräch führten Christoph Pieper und Lukas Kober

Die Möglichkeit, junge Spieler zu verleihen, um ihnen einen Zwischenschritt in ihrer sportlichen Entwicklung zu ermöglichen, wurde beim SV Werder in der vergangenen Saison intensiv genutzt. Mit Michael Zetterer, Ole Käuper, Romano Schmid, Robert Bauer, Niklas Schmidt und Idrissa Toure waren es gleich sechs grün-weiße Talente, die Spielpraxis bei anderen Vereinen sammelten. Frank Baumann, Geschäftsführer Sport, hat gegenüber WERDER.DE erklärt, warum der SVW Nachwuchsspieler verleiht, was er sich davon erhofft und welche Ziele sich der Verein für die kommenden Jahre steckt.

WERDER.DE: Blicken wir auf das vergangene Jahr zurück. Was ist Deiner Meinung nach gut gelaufen und was eher nicht?

Frank Baumann: Grundsätzlich steht hinter jedem Leihgeschäft eine ganz konkrete Idee. Wir wollen, dass gerade unsere jungen Spieler auf hohem Niveau möglichst viel Spielpraxis sammeln. Das machen wir insbesondere aus zwei Gründen: Zum Einen wollen wir für uns einen sportlichen Mehrwert oder eine Marktwertsteigerung des Spielers erzielen. Aktuell gibt es mehr Leihgeschäfte, da unsere U23 in der Regionalliga spielt, sodass ein Zwischenschritt in der 2. oder 3. Liga für manche Spieler wichtiger geworden ist. Wir können dieses Jahr mit dem Ergebnis in meinen Augen sehr zufrieden sein.”

WERDER.DE: Wollt ihr diese Strategie in der Zukunft noch ausbauen?

Frank Baumann: Wir wollen das in den nächsten Jahren nutzen, um Spieler noch besser zu machen, damit sie den nächsten Schritt in ihrer Entwicklung machen können. Letztendlich wollen wir selbst davon profitieren, indem wir noch reifere und bessere Spieler zurückbekommen.

WERDER.DE: Gibt es auch ein Risiko bei einer Leihe?

Frank Baumann: Absolut. Ein Risiko kann immer sein, dass der verliehene Spieler uns in der aktuellen Saison fehlt, da durch Verletzungen sich der Bedarf verändert hat. Das andere Risiko besteht darin, dass es bei einem Leih-Klub nicht funktioniert und der Spieler nicht so zum Einsatz kommt, wie wir uns das vorstellen. Das wäre dann ein verlorenes Jahr für alle Seiten. Deswegen schauen wir in den Gesprächen vor einer Leihe uns den Klub, den Trainer und die Spielweise sehr genau an. Wir achten darauf, wie hoch die Spielwahrscheinlichkeit und die Konkurrenzsituation auf dieser Position ist. Diese Dinge besprechen wir dann natürlich auch direkt mit dem Spieler. Aber es lässt sich nicht ausschließen, dass es mal nicht klappt - wie in dieser Saison leider bei Ole Käuper.

WERDER.DE: Wie hält Werder Kontakt mit den Leihspielern?

Frank Baumann: Wir haben im Laufe der Vorrunde damit begonnen, dass Clemens Fritz sich um die Leihspieler intensiv kümmert, dass er den Kontakt zu den Klubs und teilweise auch zu den Trainern hält. Er holt Feedback ein, wie die Entwicklung des Spielers vorangeht und bespricht, wo vielleicht Probleme bestehen. Natürlich sind wir auch selbst vor Ort, um die Entwicklung einschätzen zu können und den Spieler spüren zu lassen, dass wir ihn nicht abgeschoben haben, um ihn loszuwerden, sondern vielmehr, um ihn besser zu machen.

WERDER.DE: Was genau sind dabei die Aufgaben von Clemens Fritz?

Frank Baumann: Clemens soll passende Klubs ausfindig machen und kennenlernen. Welche Liga passt zum Spieler? Wie sehen die Trainingsbedingungen vor Ort aus? Wird ein ähnlicher Fußball gespielt, wie bei uns? Damit wir ganz gezielt und rechtzeitig unsere Spieler beim gewünschten Verein positionieren können, steht Clemens im regelmäßigen Austausch, um frühzeitig die Kaderplanungen zu kennen. Das halte ich für sehr wichtig, damit die Jungs komplett in der Vorbereitung vor Ort sind. Sonst kommen die jungen Spieler nach einigen Spieltagen in ein bereits bestehendes Konstrukt, bei dem es viel schwieriger ist, Fuß zu fassen.

WERDER.DE: Richten wir einen Blick in die Zukunft. Ist die Leihe ein neuer Geschäftszweig?

Frank Baumann: Es ist ab dem Moment ein Geschäftsmodell, wenn es sich sportlich und finanziell auszahlt. Sicher ist, dass wir das Leihgeschäft gezielt und strukturiert angehen wollen. Wir hatten Spieler bei uns, die hier in der Jugend waren und wir sie später in ihrer Karriere zurückgeholt haben. Beispielsweise Max Kruse, Martin Harnik oder auch Niclas Füllkrug. Selbst bei diesen tollen Spielern war so ein Zwischenschritt notwendig. Ziel muss es sein, die Spieler selbst zu verleihen und dann davon zu profitieren, um sie dann nicht irgendwann wieder einkaufen zu müssen. Deswegen lohnt es sich diesen Bereich konsequent umzusetzen. Zu viele Spieler dürfen es nicht sein, weil man sonst den Überblick verliert. Von einem reinen Geschäftszweig würde ich deshalb nicht sprechen.

WERDER.DE: Wie ist das Leihgeschäft von der FIFA geregelt?

Frank Baumann: Das wird zukünftig eingedämmt. Es gibt Pläne der FIFA, die die Anzahl der Leihspieler auf fünf Personen pro Verein zu beschränken. Die Spieler, die aus dem eigenen Nachwuchsbereich kommen, zählen da allerdings nicht dazu. Wir haben nicht die Möglichkeiten, Spieler für fünf Millionen einzukaufen und dann weiter zu verleihen. Deswegen müssen wir das sehr gezielt angehen und weiterentwickeln. Wenn sich eine gute Gelegenheit bietet, müssen wir diese ergreifen. Noch einmal zurück zu den Spielern.

WERDER.DE: Ist es nicht schwierig für das Selbstwertgefühl, wenn man verliehen wird?

Frank Baumann: Es ist nicht immer einfach, weil die Jungs natürlich den Traum haben, sich direkt bei uns durchzusetzen. Natürlich ist es dann erst einmal enttäuschend, wenn du einen Zwischenschritt einlegen musst. Aber die meisten können das realistisch einschätzen und sehen, dass sie noch ein bisschen Zeit brauchen. Da versuchen wir sehr offen und ehrlich mit den Spielern umzugehen, was glaube ich ganz entscheidend und wichtig ist. Wir wollen in den gemeinsamen Gesprächen verdeutlichen, dass wir sie besser machen möchten. Deswegen finde ich es grundsätzlich besser, eine Leihe über ein Jahr hinaus zu vereinbaren. Das ist sinnvoll, weil der Leih-Klub dadurch besser planen und sich der Spieler bei seinem neuen heimisch einrichten und nach beispielsweise zwei Jahren deutlich gestärkt zurückkommen kann.

 
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