„Die Spieler sollen die beste Version ihrer selbst werden“

Ralf Heskamp und Marc Dommer stehen zusammen und lächeln in die Kamera
Neues Duo für das WERDER Leistungszentrum in leitender Funktion: Ralf Heskamp und Marc Dommer (Foto: W.DE).
Junioren
Dienstag, 01.10.2024 / 12:00 Uhr

Das Interview führte Norman Ibenthal

Mit Beginn des Monats übernehmen Marc Dommer und Ralf Heskamp offiziell die Leitung des WERDER Leistungszentrums von Björn Schierenbeck, der zukünftig als Top-Talente Koordinator die Betreuung der Spitzentalente und Leihspieler der Grün-Weißen verantworten wird. Im Interview mit WERDER.de spricht das neue Führungsduo über ihre Aufgaben und die Herausforderungen, vor denen die Talentschmiede an der Weser steht.

WERDER.DE: Moin Marc, moin Ralf. Von einem Leiter zu einem Führungsduo. Was waren die Beweggründe die Führung der Talentförderung bei Werder auf mehrere Schultern aufzuteilen und wie sieht eure Rollenverteilung dabei aus?

Marc Dommer (MD): Erst einmal muss man festhalten, dass Björn Schierenbeck mit seinem Team über sehr viele Jahre hervorragende Arbeit geleistet hat. Zugleich haben sich die Aufgaben und Anforderungen in und an ein Leistungszentrum in den vergangenen Jahren stetig weiterentwickelt. Nachdem nun mit Björn und auch Jan-Claas Alexander zwei leitende Mitarbeiter aus dem administrativen Bereich gewechselt sind, gab es intensive Überlegungen wie wir unsere Talentförderung für die Zukunft noch breiter aufstellen können. Der Entschluss daraus war, die Aufsplittung des sportlichen und des organisatorischen Bereichs und so sind auch unsere Rollen zu verstehen: Ralf wird den organisatorischen Bereich verantworten, ich den sportlichen. Unterstützt werden wir beide dabei von unserem ehemaligen Spieler Oliver Hüsing.

Ralf Heskamp (RH): Beide Bereiche bringen verschiedenste Herausforderungen mit sich und sind eng miteinander verzahnt. Die Abläufe am Spieltag, das Vertragswesen, Spieler- Mitarbeiter- und Beratergespräche, Platzbelegungen, die Organisation der medizinischen Tests und Analysen, um nur einige Aspekte zu nennen. Es ist ein spannendes Feld, ich freue mich darauf, mit Marc die Zukunft der Talentförderung bei Werder mitzugestalten.

WERDER.DE: Die Umstellung wurde bereits im Sommer bekanntgegeben. Wie konntet ihr euch auf die neuen Rollen vorbereiten? Wie sehr hat es geholfen, dass ihr frühzeitig wusstet, dass es im Oktober nun losgeht?

RH: Da ich erst im Juli bei Werder gestartet bin, würde ich sagen, dass ich noch in der Einarbeitungsphase bin. Auch wenn ich noch nicht alles und vor allem nicht jede(n) Mitarbeiter*in im gesamten Werder Kosmos kennengelernt habe, kann ich jetzt schon festhalten, dass es ein sehr angenehmes Arbeiten ist. Der Einstieg wird einem bei Werder wirklich leicht gemacht. Und es ist sicherlich auch ein Vorteil, dass Björn und Jan-Class weiterhin bei Werder sind, da sie immer bei Fragen ansprechbar und hilfsbereit sind.

MD: Es gab auch von Beginn an klare und vor allem gemeinsame Vorstellungen von Clemens Fritz, Peter Niemeyer und Tim Barten wie die Struktur und die Zusammenarbeit aussehen soll. Es hilft frühzeitig zu wissen, welche zusätzlichen Aufgaben und Schnittstellen auf uns zukommen. Gleichzeitig kann es erfahrungsgemäß in der Praxis auch nochmal etwas dauern, bis alles voll im Fluss ist.  

WERDER.DE: Ihr beide bringt sehr viel Erfahrung im Fußball und insbesondere im Jugendfußball mit. Vor welchen Herausforderungen steht das Leistungszentrum in den kommenden Monaten und Jahren?

MD: Eine Frage, über die man sicher noch einmal ein eigenes Interview machen könnte (lacht). Grundsätzlich sollte es unser Ziel sein, frühzeitig die besten fußballbegeisterten Bewegungstalente zu identifizieren und für Werder zu gewinnen. Dazu wollen wir unsere Spieler hochgradig individualisiert ausbilden, ohne dabei den Teamgedanken des Fußballs zu verlieren. Und letztendlich muss es uns gelingen, den Übergang in den Erwachsenenfußball so zu gestalten, dass unsere Top-Talente rechtzeitig Spielzeit auf möglichst hohem Niveau erhalten.

RH: Und dafür wollen wir natürlich auch ein Umfeld schaffen, in dem diese Ziele und Anforderungen bestmöglich umsetzbar sind. Da ist auch viel organisatorische Arbeit im Hintergrund nötig. Wir wollen die Abläufe rund um die Teams, Spieler, Trainer und Mitarbeiter so ineinandergreifen lassen, damit sich jedem die bestmöglichen Entwicklungschancen bieten.

WERDER.DE: Die neue Nachwuchsligen bei der U19 und der U17 sind angelaufen. Wie fällt euer erstes Fazit aus?

RH: Der erste Eindruck ist positiv, da die Liga die Möglichkeit bietet, uns nun auch mit Teams zu messen, auf die man sonst nicht so oft getroffen ist. Das sieht erst mal gut aus, ein wirkliches Fazit lässt sich zu dem jetzigen Zeitpunkt aber noch nicht ziehen.

MD: Ralf hat es schon angesprochen: Für uns ist es definitiv ein Mehrwert, dass wir jetzt auch gegen Teams wie den VfL Bochum oder Borussia Dortmund spielen. Hier sind unsere Jungs nochmal besonders gefordert, sich zu behaupten, da diese Aufeinandertreffen oft noch Neuland für einige Spieler sind. Unabhängig vom Ligen-Format bin ich sehr froh, in beiden Teams spannende Perspektivspieler und mehr und mehr auch die Umsetzung unserer Spielidee zu sehen.

WERDER.DE: Die U23 spielt bislang eine gute Rolle in der Regionalliga Nord. Wie zufrieden seid ihr in diesem Bereich?

MD: Auch hier verläuft die individuelle Entwicklung und die Umsetzung unserer Spielidee sehr zufriedenstellend. Unsere Spieler haben sich nach der Unterforderung in der Bremen-Liga schnell in der Regionalliga Nord zurechtgefunden. Erfreulich ist zudem, dass das Trainerteam den Anspruch weiter hochhält und allen klarmacht, dass in Sachen Spieltempo, Präzision und Konstanz noch einige Schritte bis zum Profibereich zu gehen sind.

RH: Dass dabei nicht jede Woche alles klappen kann, ist normal. Bei so jungen Teams sind auch mal Ausrutscher dabei, aber das gehört zu den Entwicklungsschritten dazu.

Möchten mit unserer Ausbildungsqualität, Durchlässigkeit und somit der sportlichen Perspektive überzeugen

WERDER.DE: Ihr seid beide Scouts gewesen. Heute arbeiten fast alle Vereine flächendeckend, kaum ein Talent bleibt im Verborgenen. Auf welche Kriterien setzt ihr bei der Talentsuche und wie herausfordernd ist es, diese Talente von Werder zu überzeugen?

MD: Das hängt natürlich auch vom Altersbereich ab, aber altersübergreifend ist es uns bei Werder wichtig, dass die Jungs eine hohe Aktivität, Spielfreude und Motivation in allen Spielphasen zeigen, dass sie flüssige Bewegungsabläufe haben und mit der Kugel umgehen können und dass sie möglichst schnell intelligente Lösungen auf dem Platz finden und umsetzen können. Dazu achten wir auch auf das persönliche und soziale Umfeld der Spieler. Wie ist der Spieler aufgewachsen? Das kann eine große Rolle bei der Entwicklung der Persönlichkeit spielen. Insgesamt ist es angesichts des extremen Konkurrenzkampfes zwischen den Leistungszentren nicht leicht, Talente zu überzeugen und zu halten. Werder ist kein Verein, bei dem der wirtschaftliche Aspekt eine übergeordnete Rolle einnehmen wird. Vielmehr möchten wir mit unserer Ausbildungsqualität, Durchlässigkeit und somit der sportlichen Perspektive überzeugen. Und in diesen Punkten müssen wir uns vor niemandem verstecken – und das sollten auch für viele Spieler, Eltern und Berater gute Gründe sein, sich für Werder zu entscheiden.

WERDER.DE Björn Schierenbeck übernimmt nun als Toptalente-Manager eine sehr wichtige Funktion in der Schnittstelle Leistungszentrum/Profifußball. Welche Ziele verfolgt ihr mit dieser Position? Und welche Überlegungen gibt es, diesen Bereich noch enger miteinander zu verzahnen.

MD: Der Sprung vom Nachwuchsbereich in den Lizenzbereich ist sowohl fußballerisch als auch psychologisch der größte und schwierigste. Hier müssen unsere Talente in jeder Hinsicht individuell begleitet, betreut und manchmal auch aufgefangen werden. Björn ist für uns in dieser Rolle eminent wichtig, weil er nicht nur die Perspektive als Verantwortlicher im Leistungszentrum kennt, sondern als Spieler selbst die Herausforderungen beim Eintritt in den Profibereich kennengelernt hat. Letztendlich wird durch die bei Werder ohnehin schon gute Verzahnung zwischen Leistungszentrum und Lizenzbereich durch Björn noch enger und noch ganzheitlicher auf den einzelnen Spieler ausgerichtet.

WERDER.DE: Welche Rolle spielt für die Entwicklung des LZ und das Buhlen um Talente der Neubau auf Platz 11? Was versprecht ihr euch von dem Umbau?

RH: Jeder, der die letzten Jahre Platz 11 besucht hat, weiß, dass wir diesen Neubau dringend benötigen und uns andere Leistungszentren infrastrukturell längst überholt haben. Es ist wichtig, wieder auf den neusten Stand zu kommen, um auch in diesem Punkt konkurrenzfähig zu sein. Auch dieses äußere Erscheinungsbild kann helfen, um Werder noch attraktiver für Talente zu machen.

WERDER.DE: Werder schaut auf eine beeindruckende Talentförderung zurück. Bei welchen Kriterien punktet Werder dabei besonders in der Öffentlichkeit?

RH: Ich war als Scout selbst viel in Bremen und habe hier ein sehr familiäres und ruhiges Umfeld kennengelernt, in dem die Spieler sehr gut betreut werden, gut begleitet werden auf und neben dem Platz, die Trainer und Mitarbeiter sehr viel Expertise mitbringen. Nachdem ich nun seit drei Monaten selbst Teil dieses Vereins bin, hat sich dieser Eindruck nicht nur bestätigt, sondern auch noch deutlich verfestigt.

MD: Mir geht es ähnlich. Auch ich bin „von außen“ zu Werder gekommen und kenne nun sowohl die Außen- als auch die Innenperspektive. Ich kann guten Gewissens sagen, dass Werder zurecht für ein familiäres und menschliches Umfeld, für eine klare und ambitionierte Strategie, die konsequent umgesetzt wird, und für eine hohe Kontinuität mit gewachsenen Strukturen steht. Der Slogan „Hier werden Stars gemacht und nicht gekauft“ wird hier mit viel Herzblut versucht, in die Tat umzusetzen.

WERDER.DE: Die Talentförderung in Deutschland ist im Wandel. Wie blickt ihr diesem Wandel entgegen?

MD: Nicht nur die Talentförderung ist im Wandel, sondern die ganze Gesellschaft inklusive ihrer Sportkultur. Grundsätzlich blicke ich dem Wandel und den Herausforderungen immer positiv entgegen, weil es nie langweilig wird und es stetige „Challenges“ gibt. Mit unserem Team bei Werder macht es unfassbar viel Spaß, unsere Begeisterung für den Fußball und die Talentförderung auch in die Zukunft zu tragen und immer wieder zielgruppengerechte Lösungen und Formate zu finden.

RH: Die Herausforderungen, die dieses Arbeitsfeld so interessant machen, reißen ja auch nie ab: Beispielsweise im Bereich Datenerfassung und -analyse und KI gibt es spannende Entwicklungen, die wir verfolgen und vielleicht auch in unsere Talentförderung mit einfließen lassen können.

WERDER.DE: Wenn wir in einem Jahr auf die dann vergangenen 12 Monate zurückschauen, was wollt ihr im LZ bewegt haben bzw. für was soll das WERDER LZ stehen?

RH: Wir wollen ein Umfeld erzeugen, in dem sich die Spieler leistungsorientiert wohl fühlen. Das Leistungszentrum soll dabei keineswegs eine Wohlfühloase sein, aber ein Ort, in dem Spieler und Eltern sowohl von der sportlichen Perspektive überzeugt sind und zugleich die Gewissheit haben, dass sie bei Werder auch abseits des Platzes gut aufgehoben sind.

MD: Wir möchten eine Höchstleistungskultur entwickeln, in der alle Akteure sich wohlfühlen, mutig und kreativ sind, keine Angst vor Fehlern haben und mit Begeisterung die beste Version ihrer selbst werden!

 

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