"Das sorgt bei allen Nachwuchstrainern für Gänsehaut"

U17-Juniorinnen-Trainer Alex Kluge steht am Seitenrand.
Alex Kluge und sein Team beendeten die letzte B-Juniorinnen-Bundesliga-Saison auf dem vierten Tabellenplatz (Foto: WERDER.DE).
Frauen
Samstag, 29.06.2024 / 12:00 Uhr

Das Interview führte Maximilian Prasuhn

Die U17-Juniorinnen des SV Werder Bremen beendeten die letztmals ausgetragene Bundesliga-Saison auf dem vierten Tabellenplatz. Nach der Abschaffung der Liga durch den Deutschen Fußball-Bund (DFB) tritt das Team künftig im C-Junioren-Spielbetrieb des Bremer FV gegen Jungs an. Im WERDER.DE-Interview verriet Trainer Alexander Kluge, wie er die Entscheidung des DFB einordnet, wie sich seine Spielerinnen künftig dennoch mit anderen Mädchenmannschaften messen können und welchen Anteil der Mädchenfußball bei Werder an der erfolgreichen Saison der 1. Frauen in der Google Pixel Frauen-Bundesliga hat. 

WERDER.DE: Moin Alex! 28 Punkte, Platz vier in der U17-Bundesliga Nord/Nordost: wie bewertest du eure Saison erstmal hinsichtlich des rein sportlichen Ergebnisses?

Alexander Kluge: Blickt man rein sportlich auf die Platzierung, sind wir sehr zufrieden damit. Wir sind punktgleich mit dem Drittplatzierten HSV, die wir zweimal schlagen konnten. Andererseits waren wir immer mal wieder inkonstant in unseren Leistungen. So haben wir zwar gegen den HSV gewonnen, aber uns gegen vermeintlich schwächere Mannschaften schwergetan. Es war eine Saison mit Aufs und Abs.

WERDER.DE: Und wie fällt dein Fazit mit Blick auf die Entwicklung der Spielerinnen aus?

Alexander Kluge: Wenn man individuell auf die Spielerinnen guckt, hat jede Fortschritte gemacht. Die ein oder andere Spielerin hat sogar eine richtig gute Entwicklung genommen und konnte Erfahrungen im Training der 1. Frauen sammeln. Das ist auch immer unser Hauptziel. Natürlich wollen wir als Mannschaft Erfolg haben. Der Fokus liegt aber darauf, jede einzelne Spielerin besser zu machen und für die nächsten Schritte ausbilden. So haben bspw. alle Mädels aus dem älteren Jahrgang den Sprung in die Regionalliga-Mannschaft geschafft.

WERDER.DE: Was waren aus deiner Sicht die Highlights der Saison?

Alexander Kluge: Die Spiele gegen den HSV habe ich eben schon genannt. Werder gegen den HSV ist natürlich immer etwas Besonderes. Diese Spiele zu gewinnen, waren sicherlich die Highlights.  Gerade im Hinspiel reiste der HSV als Tabellenführer zu uns. Wir kamen aus einer schwierigen Phase, haben ein richtig gutes Spiel abgeliefert und gezeigt: wenn wir alles abrufen, können wir sehr gute Ergebnisse einfahren.

WERDER.DE: Welche Lehren konntet ihr aus der Saison ansonsten ziehen?

Alexander Kluge: Auch wenn es erstmal komisch klingt: es war ebenfalls gut, dass wir auch mal harte Niederlagen kassiert haben. Die sind in dem Altersbereich normal. Gegen Aurich sind wir mit 0:5 untergegangen. Das sind Spiele, die wichtig waren für uns, um sich zu sagen „wir geben jetzt nicht auf, sondern wir nehmen das als Herausforderung an, um es beim nächsten Mal besser zu machen“. Nach den schlechten Phasen haben wir häufig gute Spiele gezeigt. Ich glaube, dass die Mädels viel mitnehmen konnten aus der Saison.

WERDER.DE: Für euch war es die letzte Bundesliga-Saison, der DFB hat die Liga in diesem Sommer abgeschafft. Wie bewertest du die Entscheidung, dass ihr künftig im C-Junioren-Spielbetrieb des Bremer FV antreten werdet?

Alexander Kluge: Ich sehe das zwiespältig. Auf der einen Seite war es für die Mädels und uns als Trainerteam etwas Besonderes, in dieser Liga zu spielen und sich mit Stolz „Bundesliga-Spielerinnen“ zu nennen. Aus sportlicher Sicht macht es wohl schon Sinn, in den Jungs-Spielbetrieb zu gehen, weil andere Sachen gefordert sind in Richtung Körperlichkeit und Handlungsschnelligkeit. Das Spiel ist schneller, gerade wenn man gegen gute Jungs spielt. Deshalb freuen wir uns schon auf die neue Saison und nehmen das so an.

WERDER.DE: Welche Möglichkeiten für Leistungsvergleiche mit anderen U17-Mädchenteams habt ihr alternativ?

Alexander Kluge: Da gibt es beispielsweise den DFB-Pokal. Ansonsten werden wir an einer Talente-Runde mit vier Spieltagen teilnehmen. Es gibt also weiterhin die Möglichkeiten, uns mit guten Mädchenmannschaften zu messen. Dieses Modell passt vielleicht sogar besser zu unserer Philosophie, Spielerinnen individuell auszubilden. Viele Spielerinnen von uns werden auch weiterhin ein Zweitspielrecht haben, also für Werder und gleichzeitig für eine Jungsmannschaft spielen. So hat man bessere Möglichkeiten, die Spielerinnen dort einzusetzen, wo es für sie am Wochenende am sportlich wertvollsten ist.

Das ist ein cooles Zeichen an unsere Mädels, dass dieser Weg machbar ist.
Alexander Kluge

WERDER.DE: Wird sich mit den Spielen gegen Jungs etwas an eurer Spielphilosophie ändern?

Alexander Kluge: Wir wollen weiter Fußball spielen, den Ball laufen lassen, eigenen Ballbesitz haben. Natürlich müssen wir das Zweikampfverhalten anpassen. Davon verspreche ich mir das meiste, dass die Jungs uns mit einer anderen körperlichen Intensität vor Herausforderungen stellen. In den Spielen gegen andere Mädchenmannschaften wird dann vor allem das Taktische gefördert, es wird also ein guter Mix.

WERDER.DE: Das Bundesliga-Team kann auf die erfolgreichste Erstliga-Saison der Vereinsgeschichte blicken. Würdest du sagen, dass daran auch die Arbeit im Mädchenfußball ihren Anteil hat?

Alexander Kluge: Das ist ein Zeichen der Gesamtentwicklung bei Werder. Neben den externen Neuzugängen haben auch die Eigengewächse einen großen Anteil am Erfolg. Das macht den Mädchen- und Frauenfußball bei Werder aus. Wenn Melina Kunkel vor 30.000 Fans im Stadion ein Tor schießt, dann sorgt das auch bei allen Nachwuchstrainern für Gänsehaut. Das ist ein cooles Zeichen an unsere Mädels, dass dieser Weg machbar ist. Dass man viel dafür machen muss, aber dass - wie es ja oft besungen wird - Werder auch dafür steht, Stars nicht zu kaufen, sondern zu machen – und das eben auch im Mädchenbereich.

WERDER.DE: Wie können sich talentierte Mädels bei euch beweisen, die aktuell noch nicht für Werder spielen?

Alexander Kluge: Wir veranstalten im Herbst und Frühjahr ein Sichtungstraining, für das sich alle Spielerinnen anmelden können. Sie sollten am besten im DFB-Stützpunkt, in einer Landes- oder Kreisauswahl oder in einer Jungsmannschaft spielen. Ansonsten haben wir natürlich Kontakte zu Stützpunkttrainern oder anderen Coaches, die uns auch mal die ein oder andere Spielerin empfehlen.

WERDER.DE: Du bist seit 2009 bei Werder, feierst somit dein 15-jähriges Dienstjubiläum. Wie blickst du auf diese Zeit zurück?

Alexander Kluge: Es ist auf jeden Fall eine sehr intensive Zeit. Ich merke in diesen 15 Trainerjahren, dass keine Saison wie eine andere ist. Mittlerweile verfügt man über einen ganz guten Erfahrungsschatz, der sich von Jahr zu Jahr weiter aufbaut. Es lässt sich keine Mannschaft und keine Spielerin mit einer anderen vergleichen, trotzdem gibt es auch mal Parallelen. Das macht es spannend. Jede Saison, jede Trainingswoche, jeden Trainingstag hast du neue Aufgaben. Diese Entwicklung des Frauenfußballs bei Werder mitzubegleiten macht sehr viel Spaß und ich hoffe, dass das noch etwas weitergeht.

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