„Wir müssen als Verein weiter Gas geben“

Abteilungsleiterin Birte Brüggemann über 15 Jahre Frauenfußball beim SV Werder

Die Mannschaft jubelt mit einem Pokal.
In 15 Jahren hat sich beim Frauenfußball des SV Werder viel verändert (Foto: WERDER.DE).
Frauen
Mittwoch, 06.07.2022 / 15:10 Uhr

Von Fiona John

Der SV Werder feiert ein kleines Jubiläum. 15 Jahre ist es her, dass die Frauenfußball-Abteilung bei den Grün-Weißen gegründet wurde. Vom Verein auf Verbandsebene entwickelte sich der SVW zum Bundesliga-Klub. Von Anfang an bis heute dabei: Abteilungsleiterin Birte Brüggemann. 

Im Interview mit WERDER.DE spricht die 51-Jährige über den Wandel des Frauenfußballs in den letzten Jahren, über die Herausforderungen, die sie und der Club sich damals und heute stellen mussten und den Traum vom wohninvest WESERSTADION:

WERDER.DE: Moin Birte, seit 15 Jahren hat der SV Werder Bremen eine Frauenfußball-Abteilung. Hast du damals damit gerechnet im Jahr 2022 ein Teil der Bundesliga zu sein und jetzt erstmals in eine dritte Saison in Folge als Erstligaverein zu starten?

Birte Brüggemann: „Bei der Gründung hatten wir das Ziel ein Teil der Bundesliga zu werden. In den darauffolgenden Jahren ging es zunächst stetig bergauf. Nach dem ersten Aufstieg 2015 waren wir aber zunächst eine typische Fahrstuhlmannschaft, also mal Erst- und mal Zweitligist. Jetzt haben wir es erstmals geschafft, uns für eine dritte Bundesliga-Saison in Folge zu qualifizieren. Damit haben wir ein mittelfristiges Ziel erreicht. Daher bin ich nicht überrascht, sondern froh, dass wir diesen Schritt gemacht haben, für den wir alle jeden Tag hart arbeiten.“

WERDER.DE: Was waren die größten Herausforderungen in den letzten 15 Jahren auf dem Weg zum Bundesligaverein?

Birte Brüggemann: „Die Herausforderungen der Vergangenheit und auch die von heute sind immer wieder im strukturellen Bereich zu finden. Wenn ich an die Anfangszeit denke, da war ich quasi eine ‚One-Woman-Show‘. Ich war Trainerin, und wenn alle in die wohlverdiente Sommerpause gegangen sind, war ich Managerin und habe den Kader für die neue Spielzeit zusammengestellt. Hinzukamen die administrativen Aufgaben, die bis zur Rückkehr der Teams erledigt sein mussten. Die Kaderplanung gemeinsam mit unserem Trainer Thomas Horsch ist heute die wichtigste, wenngleich auch schwierigste Aufgabe, da viele andere Vereine mitmischen und der Transfermarkt umkämpft ist. Daher ist es entscheidend immer aktiv zu sein. Wenn das Gefühl eintritt, den Anschluss geschafft zu haben, läuft man schnell Gefahr, da die Konkurrenten bereits wieder die nächsten Schritte gemacht haben und so der Anschluss verloren geht.“

Wir sind im Verein angekommen, spielen in der Bundesliga und sind auf dem Weg immer mehr Markenbotschafter für Werder Bremen zu werden.
Birte Brüggemann

WERDER.DE: Wie hat sich der Frauenfußball insgesamt und speziell bei Werder entwickelt? Gibt es dabei Unterschiede?

Birte Brüggemann: „Zum aktuellen Jubiläum habe ich oft an die Anfangszeit gedacht und mich auch mit ehemaligen Spielerinnen ausgetauscht. Die Zeit von damals war deshalb so wunderschön, weil ganz viel Idealismus dabei war. Alle Beteiligten tragen noch bis heute grün-weißes Blut in sich und haben sich dem Projekt gänzlich verschrieben – ohne Verträge, ohne großes Geld. Es war eine wahnsinnige Leichtigkeit im Spiel, gepaart mit dem Erfolg, was zu einem riesigen Spaß führte. Durch die Entwicklung im Frauenfußball hat sich das Stück für Stück geändert. Die Gehälter sind in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Auch viele von unseren Spielerinnen können davon mittlerweile leben und müssen keinen Hauptjob nebenbei machen. Sie gehen kleineren Nebenjobs nach oder absolvieren ihr Studium, aber es ist eine andere Grundsicherung vorhanden. Es hat sich also einiges verändert.

WERDER.DE: Was meinst du damit genau?

Birte Brüggemann: „Die Professionalisierung hat deutlich zugenommen, auf Ebene der Spielerinnen, aber auch im Gesamtkontext. Zum Beispiel sind Transfers in der jetzigen Generation deutlich intensiver, weil viel mehr Gespräche zu führen sind. Sei es mit Beratern oder auch den Spielerinnen. Die Konkurrenz anderer Vereine ist zudem auch größer geworden, weshalb es viel schwieriger geworden ist zu einem Abschluss zu kommen. Natürlich hat sich aber auch bei uns intern etwas geändert. Wir sind im Verein angekommen, spielen in der Bundesliga und sind auf dem Weg immer mehr Markenbotschafter für Werder Bremen zu werden. Auch sportlich haben wir uns den Entwicklungen angepasst. Das Team trainiert nicht mehr zwei bis drei Mal die Woche, sondern hat eine Trainingsfrequenz von vier Mannschafts- und zwei Krafteinheiten pro Woche. Hinzukommen individuelle Programme. Die Stunden, die das Team auf dem Platz verbringt, sind deutlich mehr geworden.“    

WERDER.DE: Gegen Freiburg in der letzten Saison waren knapp 1.300 Fans auf „Platz 11“. Wie schafft man es mehr Fans zu begeistern?

Birte Brüggemann: „Das Thema Fans beim Frauenfußball spielt bei allen Vereinen eine große Rolle. In Bremen und umzu gibt es ein hohes Angebot an Sport auf Top-Niveau für die Zuschauer:innen wie zum Beispiel Eishockey oder Basketball. Die Menschen müssen sich entscheiden, wo sie hingehen. Eine gute Chance Fans anzulocken sind mit Sicherheit Aktionstage. Wenn zudem guter Fußball gespielt wird und eine gute Atmosphäre im Stadion herrscht, kommen die Leute auch gerne wieder. Viele sagen, dass es angenehm ist bei einem Frauenbundesligaspiel dabei zu sein, weil das Event sehr familienaffin und nahbar ist. Unser Job besteht darin die Sport-Fans auf „Platz 11“ auf und neben dem Platz zu begeistern. Gerade das drum herum sorgt dabei für einen hohen organisatorischen Aufwand, den wir ehrlicherweise momentan nicht durchgängig so bespielen können wie wir es gerne möchten.“

WERDER.DE: In München & Wolfsburg haben die Frauenteams in den großen Arenen gespielt. Das Eröffnungsspiel der neuen Bundesliga-Saison findet in der Arena in Frankfurt statt. Wäre ein Spiel im wohninvest WESERSTADION nicht auch mal wünschenswert? Was müsste dafür passieren?

Birte Brüggemann: „Im wohninvest WESERSTADION aufzulaufen und zu spielen ist der größte Wunsch der Mannschaft. Das haben wir im letzten Jahr bereits entsprechend platziert. Wir hoffen sehr, dass es in der neuen Spielzeit soweit ist und wir zumindest mal ein Highlight-Spiel im Stadion absolvieren können. Diese Partie müsste natürlich zusätzlich beworben werden, um möglichst viele Fans anzusprechen. Neben dem größeren organisatorischen Aufwand und den höheren Kosten im Vergleich zu „Platz 11“ sehe ich allerdings nichts, was dagegensprechen sollte. Im Gegenteil. Es wäre ein starkes Zeichen und eine Wertschätzung für die geleistete Arbeit der Bundesliga-Mannschaft und allen Beteiligten der Frauenfußball-Abteilung.“

„Im wohninvest WESERSTADION aufzulaufen und zu spielen ist der größte Wunsch der Mannschaft. Es wäre ein starkes Zeichen und eine Wertschätzung für die geleistete Arbeit der Bundesliga-Mannschaft und allen Beteiligten der Frauenfußball-Abteilung.“
Birte Brüggemann

WERDER.DE: Kann bzw. ist die beginnende EM in England die Chance für den Frauenfußball in Deutschland, um sich endgültig zu etablieren? Und wie wichtig ist dabei ein gutes Abschneiden der DFB-Elf?

Birte Brüggemann: „Das Aushängeschild des deutschen Frauenfußballs ist und bleibt die Nationalmannschaft. Dieses Team bildet Role-Models wie Lina Magull oder Alex Popp, die Mädchen fürs Fußball spielen und Fans im allgemeinen vom Sport begeistern. Das heißt, dass die Chance für einen Aufschwung in Deutschland maßgeblich mit dem Abschneiden unserer DFB-Elf bei der EM in England zusammenhängt. Ein Ausscheiden in der Gruppenphase wäre für uns alle schlecht. Ein erfolgreiches Turnier hingegen kann einen positiven Effekt hervorrufen.“

WERDER.DE: Und wie kann Werder davon profitieren?

Birte Brüggemann: „Wir, als Werder Bremen, profitieren jetzt schon von der EM, weil es im Moment eine große Affinität pro Frauensport und Frauenfußball gibt. Wir haben ja auch gerade verkündet, dass wir mit FUSSBALL KANN MEHR agieren. Dazu gehört, dass man den Spielerinnen die Chance gibt, Duale Karrieren zu ermöglichen und sich ein weiteres Standbein neben dem Fußball aufzubauen. Auch andere Vereine sehen das Potential im Frauenfußball. Wir können die ganzen Lizenzmannschaften in der Männer-Bundesliga durchgehen. Da gibt es kaum einen Verein, der sich nicht für den Frauenfußball interessiert oder im Minimum wie Hertha BSC bei Turbine Potsdam als Kooperationspartner agiert. Wenn Werder Bremen in diesem Rennen mithalten will, mit all den Vorzügen, dann müssen wir als Verein weiter Gas geben. Am Ende steht und fällt es immer wieder mit dem Geld. Mit größeren finanziellen Mitteln können wir auf vielen Ebenen mehr bewegen. Daher ist die Devise auch, dass unser und mein Arbeiten leichter wird, wenn wir mehr Geld einspielen.“

WERDER.DE: Wo siehst du Werder in den nächsten 15 Jahren?

Birte Brüggemann: „Ich würde mir wünschen, dass wir auch in 15 Jahren noch Erstligist sind und nicht einmal den Gang runtermachen mussten. Dann haben wir es wirklich geschafft. Die Erfahrung zeigt aber, dass 15 Jahre wirklich zu lang sind, um nach vorn zu gucken. Wenn man im Tagesgeschäft Fußball in zwei bis drei Jahreszyklen denkt, dann ist das schon mutig. Durch den Abstieg der Männer und durch die Pandemie wurde uns auch mehr als deutlich, wie abhängig wir vom Profifußball der Männer sind. Das sind die, die letztendlich die Richtung des Vereins mitbestimmen. Deshalb kann ich nicht 15 Jahre vorausblicken. Falls ich dann noch bei Werder arbeite, bin ich kurz vor der Verabschiedung in die Rente. Darauf würde ich mich freuen.“

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