WERDER.DE: Moin, Hubertus. Mit dem heutigen Heimspiel gegen Aue greift im wohninvest WESERSTADION ein Awareness-Konzept. Kannst du erklären, was dahintersteckt?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Es wurde eine Struktur geschaffen, die es Menschen, die sich hier im Stadion bedrängt fühlen, erfahrungsgemäß sind das vornehmlich Frauen, die Möglichkeit bietet, sich aus dieser Bedrängnis zu lösen, Ansprechpartner:innen und auch Hilfe zu finden. Das bedurfte natürlich einer gewissen organisatorischen und konzeptionellen Vorbereitung. Die Beratungstelle für Betroffene von sexualisierter Gewalt „notruf Bremen“ hat das Konzept „Kennst du MIKA?“ für ganz Bremen entwickelt. Wir freuen uns sehr, dass wir es in enger Zusammenarbeit auch für die Strukturen in unserem Stadion anpassen konnten.“
WERDER.DE: Wie sieht der Weg konkret aus, wenn sich jemand bedrängt oder belästigt fühlt?
Dr. Hubertus Hess-Grunewald: „Die Schlüsselfrage lautet ‚Kennst du MIKA?‘ Mit dieser Frage kann sich eine betroffene Person an Ordner:innen wenden. Die sind alle soweit instruiert, dass wenn sie damit konfrontiert werden, wahrnehmen, dass dort jemand in einer bedrängten Situation ist oder vielleicht sogar Opfer eines Übergriffes geworden ist. Dieser Ordner wird seinen Abschnittssleiter informieren und über den Abschnittssleiter wird dann ein Awarenessteam informiert, die einfache Hilfe anbieten. Es geht nicht darum zu problematisieren, es geht nur darum, Hilfe anzubieten. Die Hilfe kann darin bestehen ein Taxi zu rufen, aber auch gemeinsam die Polizei zu informieren oder einen geschützten Raum aufzusuchen, in dem man zur Ruhe kommt und man die Situation reflektieren kann. Diese Vielfalt möchten wir anbieten, die Voraussetzungen dafür wurden mit dem Konzept vom notruf Bremen geschaffen und in unserem Stadion etabliert.“
WERDER.DE: Was ist besonders wichtig im Umgang mit betroffenen Personen, Frau Schenk (notruf Bremen)?
Sonja Schenk: „Es ist wichtig, Betroffene mit ihren individuellen Reaktionen auf das Erlebte zu respektieren und ernst zu nehmen. Da die Bedürfnisse im Umgang mit erlebten Grenzüberschreitungen sehr divers sind, ist es wichtig, Betroffenen zuzuhören und Anliegen und Wünsche zu respektieren, auch wenn diese von den eigenen Vorstellungen abweichen. Eine zurückhaltende Haltung trägt dazu bei, das Selbstwirksamkeitserleben und die Handlungsautonomie von Betroffenen zu stärken, die durch einen Übergriff verletzt wurden.“