Können Sie die Grenzen näher beschreiben?
Fußball darf nicht nur Show sein. Fußball hat ein Herz und eine Seele und er muss glaubwürdig bleiben: Zwei Halbzeiten ohne Unterbrechung, die Pause, der Spielfluss – daran darf man nichts ändern. Man kann aber die Fankultur weiter stärken, die auch Werder ausmacht. Rund um das Stadion muss was los sein. Bei Werder fängt das mit der Kneipenszene im Viertel an und soll nicht mit der zuletzt eingeführten Anreise per Schiff aufhören. Das ganze Drumherum gehört doch auch zu den Stadionbesuchen. Mit dem Papa an der Hand durch dieses ganze Treiben zum Stadion zu laufen, das gehörte für mich als Kind auch zur Faszination Fußball.
Wie stehen sie denn zur deutschen „50+1-Regel“? Sie haben ja in ihrem alten Job oft mit Klubs aus anderen Verhältnissen zu tun gehabt.
Werder hat sich in dieser Frage klar dagegen ausgesprochen, wir haben uns eindeutig positioniert und ich halte das für absolut richtig. Dennoch darf man das Thema strategische Partnerschaften nicht aus dem Auge verlieren, weil man erstens nicht weiß, wie die Prüfung von „50 + 1“ vor Gericht ausgeht und zweitens natürlich auch immer auf der Suche nach weiteren Einnahmequellen sein muss, da wir in Deutschland bei den TV-Einnahmen so gedeckelt sind. Die Bayern haben dort einen guten Mittelweg gefunden. Sie haben Anteile an Adidas und Audi abgegeben und behalten trotzdem die Hosen an.
Aber die Bayern haben mit ihrer Präsenz in der Öffentlichkeit auch eine Sonderstellung inne.
Das stimmt. Solche strategischen Partner zu finden, wird für jeden Bundesligaklub ganz schwer. Wir und jeder andere Bundesligaklub müssen dafür noch härter arbeiten. Der Markt muss intensiv sondiert werden und man muss ganz genau überlegen, welche Partner wirklich Sinn machen. Wir werden ganz langsam und behutsam damit beginnen, mögliche Kandidaten herauszufiltern.
Werden dann auch gleich Kandidaten gesucht, um den Stadionnamen zu verkaufen?
Nein, das steht momentan überhaupt nicht auf unserer Agenda. Der Name Weser-Stadion ist etwas ganz Besonderes. Wenn es einmal so weit wäre, müssten wir das intensiv diskutieren und abwägen. Wir müssten dann Vor- und Nachteile vergleichen. Aber wie gesagt, das ist alles hypothetisch. Ich sehe auch gerade keine Möglichkeit, große Summen damit aufzutreiben. Dafür sind die wirtschaftlichen Zwänge der meisten Unternehmen momentan zu groß.
Bei Werder unterliegt es Ihnen künftig dafür zu sorgen, dass der Klub wirtschaftlich gut dasteht. Wie definieren sie ihren Part nach den ersten Tagen?
Dass Werder gut dasteht ist eine Gemeinschaftsarbeit von allen, aber in erster Linie kommt es auf die Mannschaft an. Der sportliche Erfolg ist das Fundament von allem. Wenn Werder international nicht dabei ist, dann muss alles überdacht werden, dann müssen wir kleinere Brötchen backen.
Werden Sie sich stärker in der Öffentlichkeit zu Wort melden als ihr Vorgänger Manfred Müller?
Nein, ich schätze seine Arbeit und die Art und Weise sehr. Ich werde versuchen, diesen Weg weiterzugehen. Außerdem haben wir eine klare Aufgabenverteilung. Klaus Allofs ist nicht nur für den sportlichen Bereich zuständig, sondern als Vorsitzender der Geschäftsführung auch Sprachrohr und Aushängeschild Werders. Damit ist der Klub auch in den letzten Jahren sehr gut gefahren.
notiert von Michael Rudolph