„Die Liebe zum Fußball ist der Antrieb“

U23-Trainer Christian Brand über seinen Werdegang im WERDER MAGAZIN

Christian Brand vor der Werder-Raute.
Als Spieler und Trainer für den SV Werder aktiv: Christian Brand (Foto: WERDER.DE).
U23
Donnerstag, 13.02.2025 / 12:40 Uhr

Das Interview führte Martin Lange

Als Christian Brand im Februar 2018 als Jugendtrainer zu den Grün-Weißen kam, war es für ihn die Rückkehr an seine frühere Wirkungsstätte – zwischen 1995 und 1999 lief er als Spieler für den SV Werder auf. Seit Mai 2023 verantwortet der 52-Jährige die U23 und führte das Team nach dem Abstieg in die Bremen-Liga zurück in die Regionalliga.

WERDER.DE: Christian, wie beurteilst du den bisherigen Saisonverlauf der U23?

Christian Brand: "Zu Beginn mussten wir uns an die Regionalliga erst gewöhnen, sind dann gut in die Saison gekommen. Nach dem Jahr in der Bremen-Liga wussten wir nicht, wie schnell uns das gelingt. Denn das Spieltempo in der Regionalliga ist höher, und Fehler werden vom Gegner schneller bestraft. Die Jungs haben sich mittlerweile gut an das Niveau angepasst. Wir hatten bisher starke Spiele, aber auch schwächere, in denen wir erkennen konnten, an welchen Stellschrauben wir noch drehen müssen. Insgesamt sind wir auf einem guten Weg."

WERDER.DE: Woran genau machst du das fest?

Christian Brand: "Unser Spiel hat in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich an Intensität gewonnen. Außerdem haben wir in der ersten Saisonhälfte die meisten Tore aller Teams erzielt – allerdings gerade zu Beginn auch zu viele Gegentore kassiert. Erfreulich ist, dass wir gegen alle anderen Nachwuchsmannschaften der Bundesligisten klar gewonnen haben. Das sind wichtige Altersvergleiche für die Spieler. Wir müssen in der Rückrunde weiter an Stabilität und Kontinuität gewinnen."

WERDER.DE: Welchen Schritt müssen Spieler in der U23 gehen, um sich nach und nach an die Bundesliga heranzuarbeiten?

Christian Brand: "Sie müssen weiter an ihrer Zielstrebigkeit und Professionalität arbeiten. Sie müssen lernen, effizient zu spielen und über das gesamte Spiel voll fokussiert zu sein. Zum Lernprozess gehört auch das ‚unsichtbare Training‘, also Erholung, Ernährung und Regeneration. Und dann geht es darum, konsequent und kontinuierlich die Leistung abzurufen. Das Lern- und Entwicklungstempo und damit auch der Weg sind bei jedem Spieler individuell und oft nicht vorherzusehen. Einige Talente machen auch mal einen Schritt zurück, um sich dann wieder zu entwickeln. Der Austausch mit der Profi-Mannschaft ist sehr gut und transparent. Wir besprechen die Entwicklung der Spieler und entscheiden dann, für wen es gerade sinnvoll ist, ‚oben dabei zu sein‘. Die Jungs benötigen Geduld und sollten auch Rückschläge auf dem Weg in den Profifußball einkalkulieren."

Heute spüre ich bei Werder eine große Verbundenheit zu vielen Menschen.
Christian Brand

WERDER.DE: Welche Erfahrungen aus deiner eigenen Profizeit kannst du an deine Spieler weitergeben?

Christian Brand: "Dass es wichtig ist, auf den Punkt bereit zu sein, sowohl im Training als auch im Spiel. In der Kabine auch mal Spaß zu haben, aber voll da zu sein, wenn es rausgeht auf den Platz, das ist eine sehr wertvolle Qualität. Jedem jungen Nachwuchsspieler sollte außerdem bewusst sein, dass es ein schwieriger Weg ist, in den Profifußball zu kommen. Dieser Weg ist steinig und kann Umwege beinhalten. Und wenn er bei Werder nicht mehr weitergeht, dann vielleicht woanders, wie zum Beispiel bei Anton Stach oder Deniz Undav, die früher auch bei uns waren. Es gibt keinen allgemeingültigen Weg."

WERDER.DE: Als Spieler hast du insgesamt vier Jahre bei Werder verbracht. Was blieb dir besonders in Erinnerung?

Christian Brand: "Werder als großer traditionsreicher Club mit vielen tollen Menschen war damals eine großartige Erfahrung. Mein Start bei den Profis war ein schönes Erlebnis für mich. Danach gab es Höhen und Tiefen, einige Verletzungen. Ich habe gelernt, dass man sich in den wichtigen und entscheidenden Momenten einer Karriere möglichst nicht verletzen darf. Leider ist mir das nicht so gut gelungen. Heute spüre ich bei Werder eine große Verbundenheit zu vielen Menschen. Die Verlässlichkeit und die Kontinuität in diesem Verein empfinde ich als stabilen Wert. Wenn Menschen lange an einem Ort sind, dort nachhaltig arbeiten, ist das aus meiner Sicht ein starkes Qualitätssiegel."

WERDER.DE: Mit 24 hast du bei Werder dein Debüt in der ersten Liga gefeiert. Hattest du in den Jahren zuvor Zweifel daran, diesen Schritt in deiner Karriere noch zu schaffen?

Christian Brand: "Ich habe schon mit 19 Jahren beim VfB Oldenburg in der 2. Bundesliga gespielt, bin danach allerdings nochmal einen Schritt zurückgegangen. Beim FC Bremerhaven hatte ich 1994/1995 in der 3. Liga eine gute erste Saisonhälfte, habe mich dann aber verletzt. Trotzdem gab es die Anfrage, ob ich zu Werder kommen will. Unter Thomas Schaaf habe ich dann bei den Amateuren nur ein paar Spiele gemacht. Thomas kannte mich gar nicht so richtig, weil ich praktisch nie da war (lacht). Aber er war sehr offen, hat mich unterstützt. Als bei den Profis jemand fehlte, hat er zu mir gesagt: Du bist Linksfuß, geh da mal hin und zeig dich. Und dann habe ich meine Chance genutzt. Gezweifelt habe ich nie. Aber ich hatte auch keine verrückten Ziele, sondern war sehr realistisch. Daher hatte ich mein Abitur nachgeholt, hätte vielleicht Sport und Deutsch oder Geschichte studiert. Aber dazu kam es letztlich nicht, weil ich vorher zum Glück schon Bundesliga-Spieler war."

WERDER.DE: Zu Beginn der Saison 1998/1999 hast du einen Schienbeinbruch erlitten. War das im Wortsinn der Bruch deiner Profikarriere?

Christian Brand: "Na klar, das war eine sehr schwere Verletzung, die damals auch das Karriereende hätte bedeuten können. Dazu kamen die vielen Trainerwechsel bei Werder, von Dixie Dörner zu Wolfgang Sidka, dann zu Felix Magath. Unter Magath bin ich wieder in die Vorbereitung eingestiegen, aber ich habe sehr lange gebraucht, um wieder richtig reinzukommen."

Über die Anfänge als Jugendtrainer

WERDER.DE: Ab 2002 hast du mehrere Jahre in der Schweiz gespielt und schon während deiner Spielerkarriere begonnen, als Jugendtrainer zu arbeiten. Wie kam es dazu?

Christian Brand: "In meinem letzten Jahr als Spieler beim SC Kriens wurde in der U17 Unterstützung gesucht, jemand, der zweimal in der Woche als Trainer aushilft. Der damalige Leiter der Jugendabteilung hat mich gefragt. Und ich konnte nicht Nein sagen (lacht). Zum Glück, denn es hat von Anfang an richtig viel Spaß gemacht."

WERDER.DE: Du galtst während deiner Spielerzeit als kritischer Betrachter des Profigeschäfts. Da verwundert es durchaus, dass du bis heute im Fußball geblieben bist…

Christian Brand: "Im Profifußball zu arbeiten, ist anstrengend, und mit all den Höhen und Tiefen, wie zum Beispiel Verletzungen, umzugehen, natürlich auch ermüdend. Ich konnte meinen Kindheitstraum verwirklichen und bin darüber sehr glücklich. Ich will diese Zeit nicht missen. Es waren großartige Erfahrungen. Das Drumherum habe ich immer versucht, zur Seite zu schieben. Dass das Spiel Fußball so viele Möglichkeiten – strategisch, taktisch, technisch, an mentalen Entwicklungen, an Prozessen in einem Team – bietet, fasziniert mich noch immer sehr. Ich mochte die Stimmung in der Kabine, gerade hier bei Werder. Und die Liebe zum Fußball ist bei mir nach wie vor da und immer der Antrieb."

WERDER.DE: Du hast in der Schweiz als Jugendtrainer begonnen, arbeitest nun bei Werder wieder mit einer Ausbildungsmannschaft und warst zwischen 2014 und 2017 Trainer bei Jahn Regensburg und Hansa Rostock in der 3. Liga. Wie lautete das Fazit dieser beiden Stationen?

Christian Brand: "Dass sich für Trainer im Profibereich der Druck und die Erwartungshaltung nochmal völlig verändern. Mit Profis zu arbeiten, hat viele Vorteile. Im Vergleich zu Jugendspielern ist der Fokus und die Erholungszeit mit den Möglichkeiten des Profiidaseins deutlich besser. Die Arbeit als Profitrainer ist klar ergebnisorientiert und von den Anforderungen her deshalb fast ein anderer Beruf."

WERDER.DE: Welches sind die drei spannendsten Menschen, die du bisher im Fußball erlebt hast?

Christian Brand: "Wenn man den Input, den ich bekommen habe, betrachtet, dann gehört auf jeden Fall Yves Débonnaire, mein damaliger Ausbilder in der Schweiz, dazu. Ein wahnsinnig kreativer und fortschrittlich denkender Mensch. (überlegt) Dann würde ich sagen: Als bester Gegenspieler Paulo Sousa von Borussia Dortmund, den fand ich sehr gut. Und inspirierend und spannend zu sehen war für mich als Trainer Otmar Hitzfeld. Immer ruhig, überlegt und besonnen, er wirkte nie impulsiv, das gefiel mir sehr."

WERDER.DE: Was musstest du als Trainer ganz besonders lernen?

Christian Brand: "Dass Emotionalität manchmal förderlich ist, aber wenn es zu impulsiv wird, doch eher ein Nachteil (lacht). Deshalb ist für mich mittlerweile der Unterschied zwischen emotionaler Analyse und fachlich, sachlicher Analyse wichtig. Unmittelbar nach dem Abpfiff hat man einen völlig anderen Blick aufs Spiel als am Tag danach, wenn man sich alles noch mal in Ruhe angeschaut hat."

WERDER.DE: Womit lenkst du dich vom Fußball ab?

Christian Brand: "Ich spiele weiterhin regelmäßig Gitarre. Und ich gehe gerne Angeln. Meistens fange ich nichts. Aber die Ruhe in der Natur ist wunderbar. Und deshalb gehe ich meistens trotzdem zufrieden nach Hause (lacht)."

WERDER.DE: Wann ist die aktuelle Saison am Ende ein Erfolg?

Christian Brand: "Wenn möglichst viele Spieler den Sprung in den Profibereich schaffen. Wenn wir die Jungs weiterentwickeln und dazu noch guten Fußball spielen, dann haben wir aus meiner Sicht einen guten Job gemacht. Die U23 ist allerdings nur der letzte Schritt. Die Basis wird bei den Kleinsten gelegt. Die Trainer in den jüngeren Altersklassen haben eine ebenso große Verantwortung wie wir in der U23."

WERDER.DE: Wie erstrebenswert ist aus deiner Sicht perspektivisch eine Rückkehr in die 3. Liga?

Christian Brand: "Ich finde es grundsätzlich wichtig, immer das Allerhöchste anzustreben. Das wäre für uns die 3. Liga. Momentan benötigen wir aber auch noch viele Punkte, um nicht in ungemütliche Tabellenregionen abzurutschen. Niemand ist verbissen und sagt, dass wir unbedingt in die 3. Liga müssen. Es ist auch die Frage, welche Liga für die Talente sinnvoller ist. Wir entwickeln uns, sollten mit Bescheidenheit, Demut und Realismus weiter unseren Weg gehen. Und dürfen aus meiner Sicht gleichzeitig auchmutig sein und ehrgeizige Ziele verfolgen."

Dieses Interview erschien zuerst im WERDER MAGAZIN Nr. 361 (Januar 2025).​​​​​​​

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