Allgemeiner Politik Thread

Dieses Thema im Forum "Archiv - Off Topic" wurde erstellt von Niedersachse, 15. November 2008.

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  1. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Natürlich kommen die Vorgaben von der Politik. Aber wer ist denn maßgeben für die Programmatik der Parteien zuständig. Das sind doch nur zum größten Teil die Personen, die am Ende die keinen Ministerposten übernehmen. Die Programmatik wird in den meisten Parteien von so genannten Bundesarbeitskreisen/fachausschüssen (auf Landesbene entsprechend) erarbeitet. Dann auf Parteitagen diskutiert und beschlossen. Das mag bei der SPD in den letzten Jahren ein bisschen anders ausgesehen haben, aber das hat Gabriel ja schon offen angeprangert.
    Natürlich wird die Richtung von der Ressortleitung vorgegeben, aber die Richtung wird doch schon durch die Programmatik der Partei oder eben den enstprechenden Koalitionskompromissen vorgegeben. Tatsache ist und bleibt, dass ein Minister kein Spezialist auf den Gebiet sein muss, in dem er ein Ressort leitet. Mit der freien Wirtschaft ist das ja schon gar nicht zu vergleichen...
     
  2. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Zum einen sind auch die Arbeitskreise keine Ansammlung von Spezialisten, zum anderen sind die Entscheidungen dort Makulatur, wenn es um Koalitionsvereinbarungen und das politische Tagesgeschäft geht. Parteiprogramme sind Wunschlisten aus dem Elfenbeinturm, die in den seltensten Fällen realisiert werden. Aus einem in sich geschlossenen Konzept werden dann kleine Mosaiksteinchen auf dem Altar der Koalitionsraison geopfert und wie es mit so einem Mosaik ist: Fehlen ein paar Steinchen, fehlt die Wirkung.

    Warum nicht? Wenn man davon ausgeht, dass sowohl eine Behörde, als auch ein Unternehmen dem Maximierungsanspruch verpflichtet sind (die einen der Leistung für die Bürger bei optimalen Ausnutzen der Ressourcen, die anderen der Profitbailität der Eigner), sind die Ausgangssituationen nicht so viel anders. Eine schlechte Strategie in einem Ministerium kann genauso verheerend sein, wie eine schlechte Strategie in einem Unternehmen.

    Und welche Experten geben denn solche grandiosen Ratschläge wie die Rettung Holzmanns, Geld für Quelle Kataloge rauszuschmeißen, mit Abwrackprämien Probleme nur auf die Zeit nach der Wahl zu verschieben oder sich bei Opel zum Narren zu machen. Wohl gemerkt: Ich differenziere da nicht nach Partei. Aber viele Vorgaben mit großen Wirkungen entspringen in der Bundespolitik parteipolitischem Kalkül und da wäre mir schon etwas wohler, wenn die verantwortlichen Minister wenigstens ansatzweise Ahnung von der Materie über das Maß eines interessierten Menschen hinaus haben. Wobei ich natürlich schon zugestehen muss, dass man sich dieses Wissen auch im Ministerium aneignen kann - das verliert aber an Glaubwürdigkeit, wenn man Ministeriumhopping betreibt.
     
  3. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Natürlich spielen bei vielen Entscheidungen politisches Kalkül eine Rolle. Es geht in gewissem Maße immer darum das eigene Wählerklientel zu befriedigen, auch wenn die Entscheidung für die Mehrzahl der Bürger negative Folgen hat. Das zieht sich aber durch alle Parteien und mit Verlaub der Wähler ist doch auch selbst Schuld daran.
    Die Agenda-Reformen der zweiten Schröder-Regierung waren IMHO ein Schritt in die richtige Richtung, aber was ist darauf passiert. Viele in Deutschland solidarisieren sich mit Leuten, die in den 90er Jahren - zum Teil vollkommen zu Recht - in Talkshows noch als Schmarotzer beschimpft wurden und lehnen das dann ab.
    Die Menschen in D haben in weiten Teilen einfach ein viel zu bequehmes Leben!
     
  4. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Natürlich ist er das, denn am Ende wählt er meistens den für ihn bequemsten Weg oder zumindest diejenigen, die den bequemsten Weg versprechen. Das ist ja das traurige an der Sache, wobei man betonen muss, dass es eine bessere Staatsform als die Demokratie, trotz ihrer Unzulänglichkeiten, nun mal nicht gibt. Allerdings lehne ich genau deshalb auch die direkte Demokratie in Form von Volksentscheiden ab.

    Man mag zwar argumentieren, dass durch die direkte Mitwirkung das Interesse an Politik im Allgemeinen und den zur Wahl anstehenden Sachthemen gesteigert würden, allerdings bezweifel ich, dass dies auf die Mehrheit der Wahlbeteiligten zuträfe. Wieviele Wähler kennen beispielsweise die Programme der Parteien? Wie kann ich dann erwarten, dass bei speziellen Themen wie bspw. dem Lissabonvertrag, Bildungsreform oder Rente mit 67 die Vernunft über den Populismus siegt, der auch von Teilen der Presse, garniert mit Unwahrheiten, erzeugt wird? Die Anti-Kampagne in Irland bei der ersten Volksabstimmung zum Lissabonvertrag, initiiert und finanziert von Personen im Ausland mit eher zweifelhaften Zielsetzungen sind dafür ein gutes Beispiel.
     
  5. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    :tnx::tnx::tnx:
     
  6. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Eine Sache habe ich aber noch zu Niebel, unserem zukünftigen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. War er als FDP-Generalsekretär nicht auch für das FDP-Wahlprogramm zur Bundestagswahl verantwortlich, indem es unter anderem heißt:

    Sehe ich es richtig, dass er augerechnet mit dem Ministeriumsposten versorgt wird, den er eigentlich abschaffen wollte?
     
  7. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Nicht ganz. Die CDU wollte keinen neuen Ressortzuschnitt. Die FDP wollte die Aufgaben dieses Ministeriums ins Außenministerium integrieren.
     
  8. Werderlike

    Werderlike Guest


    Na und? Sie wollten es abschaffen, haben es aber nicht durchbekommen. Wenn man die Wahl hat zwischen einem Ministerium weniger oder, dieses Ministerium zu belegen, wäre es einem doch egal. Besser als wenn CDU oder CSU einen Minister mehr stellen würde. Wieder mal so ein Punkt, der schlimm gemacht wird. Man kann sich auch an allem hochziehen.


    EDIT: http://www.bild.de/BILD/politik/200...inmeier-spricht-von-grandiosem-fehlstart.html :lol:
     
  9. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Und was wären dann die Aufgaben des Ministers gewesen, wenn die "Tätigkeitsfelder" bei Westerwelle gelandet wären?

    @Klose für Werder:

    Du glaubst also, dass sich CDU und CSU dagegen gewehrt haben, das Ministerium, das jetzt ein FDP Minister besetzt, abzuschaffen? Hast Du dafür Anhaltspunkte oder sind das nur Vermutungen Deinerseits? Sind es letzteres, dann kann ich natürlich auch offen vermuten, dass das Ministerium schlicht und ergreifend ein Versorgungsposten für Niebel ist und die Inhalte eher zweitrangig sind. Die FDP wäre nicht die erste Partei, die so agieren würde.
     
  10. Werdiknight

    Werdiknight Guest

    Nun einmal unabhängig von der persönlichen Interpretation dieser Koalitionsverhandlungen... man wird doch nicht ernsthaft die Bild als fundierte, meinungsbildende Quelle hernehmen wollen?! :lol:
     
  11. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Ganz simpel: Die FDP wollte aufgrund des Ergebnisses der Wahl mindestens fünf Ministerien. Gleichzeitig sollten die Aufgaben des Entwicklungsministeriums zu Außenamt. Hätte bedeutet, dass die FDP im Grunde die Aufgaben von sechs Ministerien übernommen hätte. Die FDP hätte ja auch lieber Finanzen als Wirtschaft gehabt. Nur wollte Merkel aus internen Gründen den Freiherrn von und zu Guttenberg nicht mehr auf einem so starken Posten haben, denn dessen Beliebtheitswerte sind ja bald besser als die der Kanzerlerin. Zum anderen sollte das Schlüsselressort Finanzen nicht an die FDP gehen. Die FDP hätte ja gerne Außen (inkl. Entwicklung), Finanzen, Bildung, Gesundheit und Justiz gehabt.
     
  12. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Und wieso hat sie dann nicht gesagt, dass sie sich an ihrem Wahlprogramm hält und tatsächlich Entwicklungshilfe- und Außenministerium zusammenlegt (wenn ohnehin beide von der FDP betreut werden)? Da sehe ich zu Deinem durchaus richtigen Einwand keinen Widerspruch. Allerdings kann ich auf meine Frage eventuell selber antworten: Nicht die Inhalte sind wichtig, sondern die Anzahl der Minister am Kabinettstisch, um Einfluss zu wahren und die Versorgung verdienter Parteisoldaten mit Posten. Daher gibt es dennoch das Entwicklungshilfeministerium und somit zwei statt nur einen FDP-Minister, denn der Union wäre es redlich egal, ob da nun ein Minister auf beiden Themen zusammen oder zwei Minister auf den einzelnen Gebieten hocken.

    Wahrscheinlich wäre ihnen sogar die erste Option lieber gewesen, denn bei allem Respekt für das Entwicklungshilfeministerium: Die Zusammenlegung hätte nicht gerade einen exorbitanten Machtzuwachs für Westerwelle bedeutet, aber einen FDP Minister weniger in der Kabinettsrunde. An Merkels Stelle hätte ich dem sofort zugestimmt. Nachdem die FDP jedoch sah, dass der Wegfall das Aus für ein FDP-Ministerium bedeuten würde, hat sie das Wahlversprechen wieder einkassiert (passiert allenthalben bei allen Parteien, also nicht ganz so tragisch), aber dann pikanterweise ausgerechnet den Forder des Abschaffens auf den Posten gehievt. Niebel dürfte so nicht gerade den Preis für den beliebtesten Chef in den Berliner Ministerien erhalten.;)
     
  13. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Der Unterschied ist es eben, dass die FDP jetzt nur über fünf Ressortzuständigkeiten verfügt, während es bei einer Zusammenlegung faktisch sechs gewesen wären, denn die FDP wollte von Beginn fünf Ministerien... Die nichtmal halb so starke CSU hat drei bekommen...
     
  14. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Im Prinzip führen wir eine "Henne oder Ei"-Diskussion.;) Sieht man es aus der Warte, dass man mit einer festen Wunschzahl an Ministerien in die Verhandlungen reingeht und das Entwicklungshilfeministerium nicht dazu gehört, dann mag es stimmen. Sieht man es allerdings so, wie man es ja auch immer sagt ("zunächst sind die Inhalte wichtig, Personalfragen kommen ganz am Ende der Koalitionsgespräche" - O-Ton Westerwelle in der Pressekonferenz, in der auch der Vorfall mit dem BBC-Reporter war), hat die FDP jetzt fünf Minister:

    Westerwelle - Äußeres
    Brüderle - Wirtschaft
    Leutheusser-Schnarrenberger - Justiz
    Rösler - Gesundheit
    Niebel - Entwicklung

    Eine Zusammenlegung hätte dann halt vier Ministerien ergeben, aber im Vergleich zu der von Dir genannten CSU durchaus einen Machtverlust am Kabinettstisch. Somit war also nicht der Inhalt entscheidend (Wegfall des Ministeriums) sondern die Anzahl an Posten (5).

    EDIT: Rösler und Niebel auf die falschen Ministerien gesetzt - zumindest Rösler, bei Niebel wäre eigentlich jedes Ministerium eine Fehlbesetzung ;)
     
  15. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Wer glaubt denn das Personalentscheidungen erst am Ende eine Rolle spielen. So ein Schwachfug! Und am Kabinettstisch ist die Zahl der Beiteiligten nicht ganz unwichtig. Geht halt immer um Macht und Proporz....

    Wenn mal ins Saarland schaut, dann sieht man doch auch, dass sich die Grünen anhand der Ministerien haben "kaufen" lassen. Dieser Quatsch, dass "Die Linke" unzuverlässig sei, ist doch völliger blödsinn.
     
  16. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Genau darauf wollte ich hinaus.;)

    Interessanterweise glauben aber noch viele Politiker, dass sie genau das erzählen können, dass es nämlich nur um Sachfragen gehe und nicht um Posten. Dazu bei den Presseterminen ein ernster aber staatsmännisch selbstbewusster Blick ein kleiner Scherz am Rande und am Ende ein Absatz wie bspw. "Wir wissen, dass wir eine schwierige Aufgabe vor uns haben und die aktuellen Umstände es uns nicht einfach machen. Wir haben jedoch ein klares Konzept für Deutschland und seinen Bürgerinnen und Bürgern und werden uns dafür einsetzen, dieses Land zu einem Platz für Innovation, Leistungsförderung und nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung zu machen. Wir treten an, allen Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit zu geben, sich aktiv für die Gestaltung der Zukunft unseres Landes einzubringen. Allerdings darf ein Staat nicht nur fördern, sondern er muss auch fordern...usw usf (die Rede ist zwar nur ausgedacht, aber durchaus realistisch)"

    Naja, ich lasse mich mal überraschen, was die nächsten vier Jahre bringen.
     
  17. Werderlike

    Werderlike Guest


    Tausch mal Rösler und Niebel ;)

    Du tust so, als würde die FDP 40% der Stimmen haben und die Union nur 12. Die FDP kann doch nicht alle ihre Vorderungen durchsetzten. Da gab es nunmal Prioritäten.
     
  18. Yps-Gimmick

    Yps-Gimmick Wetten, dass? - Moderator

    Stimmt!:tnx:

    Nochmal: Wo war es eine Forderung der Union, dass das Ministerium bleibt? Hier ging es, wie Felissilvestris schon schrieb, um Proporz und nicht um inhaltliche Auseinandersetzungen im Rahmen der Koalitionsverhandlungen.
     
  19. Werderlike

    Werderlike Guest

    Ich dachte die CDU wollte nichts an der Minister-Anzahl/Aufgabenverteilung (Fachwort fehlt mir grade) ändern. Irgendwie sowas hat Merkel auch bei der PK heute gesagt
     
  20. Felissilvestris

    Felissilvestris

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    Eben. Aber eben damit nicht die FDP die Verantwortung über quasi sechs Ressorts bekommt. Nach den Wünschen der FDP hätte das nämlich so ausgesehen:

    Außen (+ Entwicklungshilfe) - Westerwelle = 2

    Finanzen - Solms = 1

    Justiz - Schnarrenberger = 1

    Gesundheit - Rösler/Bahr/Niebel =1 / Arbeit - Niebel = 1

    + ein weiteres (Verbraucherschutz?/Bildung?/Arbeit?/Gesundheit?)

    Würde die Ressortverantwortung über 6 Bedeuten bei 5 Ministern. Hätte eins weniger für die Union bedeutet. So sind es 5 FDP Minister und 5 Ressorts!