Viel Lob, fehlende Cleverness und verwirrende Regel

Hier fehlten nur Zentimeter: Dominic Peitz sorgte bei hohen Bällen stets für Gefahr im Stuttgarter Strafraum.
Profis
Donnerstag, 31.01.2008 / 00:03 Uhr

Schiedsrichterbeobachter Wilfried Heidmann war in der Halbzeitpause der gefragteste Mann im Presseraum des Weser-Stadions. Immer wieder musste er die Aktion zum 3:0 für den VfB Stuttgart erklären und fand bei den Zuhörern, die eine klare Abseitsposition gesehen haben wollten, nur Unverständnis. Folgendes hatte sich in der 43. Spielminute abgespielt: Roberto Hilbert passte steil in die Spitze auf den deutlich aus dem Abseits startenden Yildiray Bastürk. Als der türkische Nationalspieler dies bemerkte, stoppte er seinen Lauf, ohne den Ball berührt zu haben, und überließ den Pass dem heranstürmenden Mario Gomez, der seinen Hattrick damit perfekt machte.

 

War das nun abseits oder nicht? Selbst das Regelwerk des DFB kann dies nicht endgültig klären. Dort heißt es nämlich: "Ein Spieler wird nur dann für seine Abseitsstellung bestraft, wenn er nach Ansicht des Schiedsrichters zum Zeitpunkt, wenn der Ball einen seiner Mannschaftskollegen berührt oder von einem gespielt wird, aktiv am Spielgeschehen teilnimmt, indem er ins Spiel eingreift oder einen Gegner beeinflusst oder aus seiner Stellung einen Vorteil zieht." Den Ball hat Bastürk zwar nicht gespielt, aber ins Spielgeschehen hat er jedoch sehr wohl aktiv eingegriffen, indem er mit seinem Sprint den Gegner irritierte und seinem Team so einen entscheidenden Vorteil verschaffte. Gleichzeitig heißt es jedoch an anderer Stelle des DFB-Regelwerkes: "Ein Spieler in einer Abseitsstellung kann bestraft werden, bevor er den Ball spielt oder berührt, falls nach Ansicht des Schiedsrichters kein anderer Mitspieler, der sich in einer Nicht-Abseitsstellung befindet, die Möglichkeit hat, den Ball zu spielen." In diesem Fall war Mario Gomez der Spieler, der die Möglichkeit hatte, den Ball zu spielen und dies auch eiskalt ausnutzte.

 

Abseits hin oder her, Werder-Coach Thomas Wolter sprach wohl vielen Fußball-Fans aus der Seele: "Das ist auf gutdeutsch gesagt eine Scheiß-Regelung. Die Abwehrspieler können sich schwer darauf einstellen. Wie auch in diesem Fall." Gleichzeitig lobte er jedoch auch die in dieser Szene deutlich sichtbare Kaltschnäuzigkeit eines Mario Gomez. "Während sich unsere Abwehr noch Gedanken über die mögliche Abseitsstellung machte, hat Gomez blitzschnell reagiert und seine Klasse gezeigt."

 

Es war sein dritter Treffer an diesem Abend und wenn man nicht gerade im Stadion live dabei war, hätte man angesichts des Spielstandes sicher denken können, Stuttgart spiele die Partie gegen Werders Nachwuchs souverän herunter. Doch das absolute Gegenteil traf zu. Werders U 23 kaufte dem amtierenden Deutschen Meister von Beginn an den Schneid ab und hätte durchaus mit zwei zu null in Führung liegen können. "Uns hat dort die nötige Cleverness gefehlt, die Chancen auch zu nutzen. Wir hätten das 1:0 machen müssen!", blickt Martin Harnik zurück, für den es nicht überraschend war, dass sein Team solch einen Druck ausübte: "Schließlich hatten wir ein Heimspiel und uns richtig viel vorgenommen. Überraschend war eigentlich nur, dass wir dann in 15 Minuten drei Gegentreffer bekamen. Da hat man gesehen, wer das Profi-Team ist." Aus drei Chancen hatte der VfB in küzester Zeit drei Tore gemacht. "Da haben wir eine Lehrstunde in Sachen Handlungs-, Spiel-, und Reaktionsschnelligkeit bekommen", so Trainer Thomas Wolter.

 

Doch wer dachte, die Partie wäre angesicht des Spielstandes längst entschieden, sah sich getäuscht. Nach der Halbzeit fand Werder zur Sicherheit und Ruhe im Spielaufbau zurück und hätte fast für die große Überraschung gesorgt. Marc Heider und Dominic Peitz verkürzten noch einmal auf 2:3. "Die Mannschaft hat in der zweiten Hälfte gemerkt, dass sie auch umsetzen kann, was sie sich vorgenommen hat", erklärte Patrick Owomoyela den neuen Schwung im Bremer Team, das auf den Ausgleich drängte: "Wir haben eine tolle Moral bewiesen, sind noch einmal zurückgekommen und hatten auch noch einmal die Hoffnung, doch es hat leider nicht gereicht", so Dominic Peitz. Auch Max Kruse hatte bis zum Schluss an den Ausgleich geglaubt: "Aber dass man gegen den Deutschen Meister nicht so einfach ein Spiel dreht, ist klar."

 

Von Enttäuschung war trotz des unglücklichen Ausscheidens auf Seiten der Bremer kaum eine Spur. "Wir müssen nicht traurig sein. Der VfB war klarer Favorit und wir haben den deutschen Meister über weite Strecken mächtig unter Druck gesetzt. Es war ein super Spiel von uns. Trotzdem schade, dass wir es nicht gepackt haben", blickte Martin Harnik auf die vergangenen 90 Minuten zurück. Coach Thomas Wolter heimste auch an diesem Pokalabend wieder viel Lob für das engagierte Auftreten seiner Mannschaft ein, dennoch musste er zugeben: "Trotz aller Glückwünsche überwiegt die Trauer und der Frust. Mit ein wenig mehr Konzentration wäre mehr drin gewesen!" Dennoch zeigte sich der 44-Jährige mit der Leistung seiner Mannschaft zufrieden: "Unser Ziel war es, den Zuschauern einen tollen Fußballabend zu bieten, das ist uns gelungen. Wie die Jungs nach dem 0:3 noch einmal zurückgekommen sind, war schon klasse. Sie haben sich bravourös aus dem Wettbewerb verabschiedet." Lob gab es nach dem starken Auftritt sogar auch von Stuttgarter Seite: "Die Bremer haben eine richtig gute junge Mannschaft. Die sind brutal gelaufen, haben eine super Leistung gebracht. Da muss man auch mal großen Respekt vor dem Gegner bekunden", gestand VfB-Sportdirektor Horst Heldt ein.

 

von Norman Ibenthal, Michael Rudolph und Felix Ilemann

 

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