WERDER.DE: Kritiker hätten lieber den Trainer gewechselt.
Frank Baumann: "Dazu gehörte ich nicht. Ich habe Viktors Start als Trainer bei Werder aus nächster Nähe verfolgt. Ich habe ihn intensiv durch diese ersten Monate begleitet. Ich habe erlebt, mit welcher Kraft er vor der Mannschaft stehen kann. Mit welcher Leichtigkeit er eine Mannschaft führen kann. Er ist in diesem ersten Jahr vom letzten Platz gestartet und hat bis zum 34. Spieltag um Europa gespielt. Er hat jetzt eine ähnlich gute Rückrunde hingelegt. Schaut man auf die abgelieferten Ergebnisse, lag er bei zwei von drei Halbserien, die er verantwortet, dort, wo wir uns festsetzen wollen."
WERDER.DE: Aber was ist mit den ganzen Gerüchten der letzten Wochen, die Spieler hätten alles selbst gemacht?
Frank Baumann: "Alle diese Geschichten kann ich getrost ins Reich der Legenden und Übertreibungen verbannen. Die Schlussfolgerungen, die dort veröffentlicht wurden, sind absurd. Dass wichtige Spieler Einfluss auf Trainingsinhalte nehmen, war auch im Doublejahr völlig normal und spricht für einen souveränen Trainer, genau wie das Hinzuziehen eines Psychologen. Ich musste schon oft mit dem Kopf schütteln, wie in diesem famosen Endspurt alles Negative Viktor und seinem Team angelastet und alle positiven Dinge anderen zugeordnet wurden. Die Rückrunde hat aus meiner Sicht gezeigt, in welchem hohen Maß der Trainer bereit und in der Lage war, nach einer verkorksten Hinrunde richtige Schlüsse zu ziehen und seine Arbeit auf dem Platz weiterzuentwickeln. Ich bin sicher, dass ein ähnlicher Schritt nach vorn auch mit den Erfahrungen aus dem Saisonfinale möglich ist."
WERDER.DE: Wo haben die Gespräche Handlungsbedarf ergeben?
Frank Baumann: "Sportlich müssen wir sicher an einigem arbeiten. Es ist aber auch eine meiner Aufgaben im Miteinander zwischen Medien und Trainer wieder eine Atmosphäre des gegenseitigen Respekts zu fördern. Und ich meine das wirklich nicht als Einbahnstraße. Der Cheftrainer muss in erster Linie auf dem Platz und in der Kabine Leistung abliefern, aber er ist auch gut beraten, in einem gewissen Maße Einblicke in seine Arbeit zu geben, die Menschen mitzunehmen und auch mal mit einem ehrlich interessierten Journalisten das eine oder andere zu diskutieren. Fakt ist aber auch, dass wir auf dieser Position nicht unbedingt einen geschliffenen Rhetoriker brauchen."
WERDER.DE: Auch ihr Dienstantritt wurde durchaus misstrauisch begleitet. Waren Sie überrascht?
Frank Baumann: "Nein, Veränderungen werden nicht immer mit Hurra aufgenommen. Das ist normal. Ich habe die Berichterstattung verfolgt. Ich kann damit leben, weil mir nicht wichtig ist, wie ich bewertet werde, wenn ich hier anfange, sondern wie ich bewertet werde, wenn meine Arbeit hier endet und wie mich vor allem die Menschen bewerten, mit denen ich eng zusammengearbeitet habe."